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Alfa Romeo Junior Ibrida – Mailänderli

Italienisches Design trifft auf europäische Mildhybridtechnik: Der Alfa Romeo Junior Ibrida sieht schick aus, verspricht viel und überrascht im Alltag mit Licht und Schatten.

Veröffentlicht am 12.06.2025

«Mailand oder Madrid, Hauptsache Italien!», liess der ehemalige deutsche Fussballnationalspieler Andreas Möller angeblich vor seinem Wechsel 1992 verlauten. Beim im polnischen Tichy gebauten Alfa Junior könnte man ähnliches sagen: «Mailand oder Tichy, Hauptsache Italien!» Aber so einfach ist es für Italiens Politik, die italienische Eigennamen nur für italienische Produkte akzeptiert, bekanntlich nicht. Über die Namensposse des Alfa Milano, pardon, Junior, kann man jedenfalls heute noch schmunzeln. Weniger zum Schmunzeln ist für die Hersteller der schleppende Stromermarkt. Deshalb stellte man dem vollelektrischen Junior gleich ein rund 6000 Franken günstigeres Hybrid-Pendant hinzu. 

Technisch basiert dieser Junior Ibrida auf der Stellantis-Plattform, die auch unter die verwandten SUVs von Jeep, Peugeot, Fiat und Opel geklemmt wird. Der 1,2-Liter-Dreizylinder arbeitet mit einem 21 kW/29 PS starken Elektromotor zusammen, der sich im Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe versteckt. Gespeist wird der E-Motor von einer netto 0,42-kWh-Batterie unter dem Fahrersitz, die nur durch Verzögerungsenergie geladen wird. Laut Datenblatt fallen 100 kW/136 PS und 230 Nm über die Vorderachse her. Klingt sehr nach Vernunft, weniger nach Spass.

Kurzzeit-Stromer

Gestartet wird stets elektrisch, und mit gefühlvollem Pedaleinsatz rollt man so einige Meter weit. Doch die kleine Batterie macht schnell schlapp. Zwar ist sie in der Lage, das Auto im Stadtverkehr ein paar Hundert Meter elektrisch fortzubewegen, aber bei nur etwas mehr Gas meldet sich der Verbrenner zum Dauereinsatz. Es ist halt letztlich doch nur ein Mildhybridsystem. 

Ausserstädtisch verkommt die Beschleunigung zu einer zähen Angelegenheit, sodass sich der Junior Ibrida nur bedingt als Fluchtfahrzeug eignet. Nicht selten hat man das Gaspedal am Bodenblech, ohne dass nennenswerter Schub einsetzt. Das Fahrwerk macht es da schon besser: angenehmes Fahrverhalten bei höheren Geschwindigkeiten und nur moderates Wanken in Kurven. Lediglich auf schlechten Strassen zappelt das Fahrzeug doch etwas zu nervös umher. Die Lenkung mag nur im Dynamik-Modus mit etwas Feedback überzeugen, ansonsten bleibt sie zu soft.

Gebremster Spass

Doch des Junior grösstes Manko: die Bremse. Gefühllos, schwammig und bei sportlicher Fahrt schnell heiss und geruchsintensiv. Wenn das Auto dann steht respektive langsam bewegt wird, folgt ein weiteres Manko. Denn beim Parkieren fehlt ebenfalls Feinfühligkeit, auch  weil der Verbrenner meistens mithelfen will – es wirkt von aussen wie das ruppige und hoppelige Manöver eines Fahranfängers. Besonders nervig ist auch, dass sich die Helferlein wie Kamera und Parksensoren sofort in den Feierabend verabschieden, sobald der Wagen für eine Millisekunde zum Stillstand gekommen ist. So muss entweder bei den treulosen Tomaten von Kamera und Parkpiepsern proaktiv um Überzeit gebeten werden, oder man versucht es alternativ eben «blind», was ohne elektronische Helferlein dank runder Motorhaube, breiter C-Säule und kleinem Heckfenster zu einer sehr mutigen Angelegenheit wird.

Und doch gefällt der Junior. Optisch punktet er mit mehr Charme als die gesamte Plattform-Verwandtschaft. Von der Scudetto-Nase bis hin zu den LED-Rücklichtern im Maserati-Look passt der sportliche Auftritt – entgegen seiner tatsächlichen Performance. Innen geht es ebenso gegensätzlich weiter: Jede Menge schicke Details wie die digitale Instrumentenanzeige im runden Cannocchiale-Stil schmeicheln dem Auge. Das zu tief verbaute Infotainment-System und (zu) viel Hartplastik dagegen weniger. Ausserdem mag man das Platzangebot im Kompakt-SUV nur als durchschnittlich bezeichnen. Vorne ist es gut, hinten etwas eng. Da spürt man halt die kompakte Länge von unter 4,2 Metern. Der Kofferraum mit über 400 Liter Volumen ist für das Segment dafür sehr grosszügig, die Zuladung von 340 Kilogramm wiederum klein. Gegensätze gehören wohl einfach dazu beim Italiener aus Polen. 

 

 

Text: GAT
Fotos: Alfa Romeo, Toni Bader

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