Test

Alfa Romeo Tonale - Diffuser Eindruck

Nach dem grossen Stelvio will Alfa Romeo mit dem kleineren Tonale auch im unteren SUV-Segment ein sportliches Zeichen setzen. Gelingt dem hübschen Newcomer der Einstand? Unser Test des Monats gibt Antworten. Mit ausführlicher Testwert-Tabelle und technischen Daten!

Veröffentlicht am 25.12.2022

Nach der furiosen Giulia von 2015 und dem ungewöhnlichen Stelvio von 2016 war die Wiedergeburt von Alfa Romeo sehr zurückhaltend. Es gab kein neues Modell, und Mito, Giulietta und 4C wurden ohne Nachfolger begraben. Der viel zitierte Newcomer Tonale kommt also keinen Tag zu früh. Er war bereits 2019 als seriennahe Studie auf dem Genfer Salon zu sehen und sollte 2021 auf den Markt kommen. Letztendlich war es erst 2022 soweit.

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Der Tonale, dessen Name - wie beim Stelvio - von einem Bergpass stammt, hat inzwischen sogar einen amerikanischen Zwillingsbruder bekommen. Den Dodge Hornet, der sich von dem Italiener durch eine modifizierte Front und einige Details unterscheidet. Die Plattform des Duos ist schon relativ alt und bereits vom Jeep Compass bekannt. Doch Bewährtes zu verwenden, muss nicht unbedingt ein Nachteil sein. (Das neue Tonale-Topmodell mit Plug-in-Hybrid).

Kompakte Abmessungen



Der Tonale übernimmt Stilelemente verschiedener Alfas aus früheren Zeiten.

Der Tonale ist mit einer Länge von 4,53 Metern sehr kompakt, aber mit 1,84 Metern recht breit. Seine Höhe von 1,60 Metern kaschiert er sehr geschickt mit seinem dynamischen und sehr ansprechenden Design. Das beginnt vorne mit dem flachen Gesicht mit sechs Augen und dem deutlich sichtbaren Scudetto, geht über die fein modellierten Flanken und die typische Grafik der Fenster, die hinten spitz zulaufen, und endet mit dem breit wirkenden Heck. Dort befindet sich die durchgehende, modische Leuchtenleiste, die als Pendant zur Front ebenfalls sechs Leuchtelemente aufweist. Das Design ist die absolute Stärke des Tonale.

Digitales Cockpit in runden Höhlen

Dies gilt auch für den Innenraum. Man entert den Tonale durch weit aufschwingende Türen. Das Cockpit gefällt auf Anhieb mit seiner schlichten, sportlichen Form, den runden Luftausströmern und der beleuchteten Zierblende. Die Farbe Schwarz dominiert und wird durch zahlreiche Aluminiumteile aufgelockert.

Natürlich befinden sich hinter dem Lenkrad - obwohl dies durch die Abdeckung angedeutet wird - keine für Alfa typischen Rundinstrumente, sondern ein Digitalcockpit. Dieses zeigt jedoch je nach Fahrmodus unterschiedliche Uhren im analogen Stil an, was konservative Alfisti beruhigen dürfte.


Hinter dem Lenkrad glänzen riesige, feststehende Schaltwippen aus Aluminium.

Ein weiterer 10,25-Zoll-Touchscreen befindet sich in der Mitte, in einer perfekt zugänglichen und gut einsehbaren Position. Er ist hochauflösend, das Navigationssystem ist auf dem neuesten Stand der Technik und sehr einfach zu bedienen. Kritikpunkte: Wenn der Rückwärtsgang zu schnell eingelegt wird, wird das Bild der Rückfahrkamera nicht angezeigt.

Ausserdem können einige Befehle nur durch Drücken sehr kleiner Symbole ausgeführt werden. Und die Sitzheizung und -kühlung sowie die Lenkradheizung sind nur im Untermenü zu finden. Die Leiste mit den Direktwahltasten und der gut platzierte Fahrmodusschalter sind dagegen sehr gelungen. Er ermöglicht die Auswahl der Stufen D, N und A für Dynamik, Normal und Ambiente, sprich Eco.

Manipulation dank NFT ausgeschlossen

Eine technologische Neuheit ist das digitale Zertifikat NFT (Non-Fungible Token) - eine Blockchain-Datei, die alle wichtigen Schritte im Leben eines jeden Tonale aufzeichnet. Damit soll verhindert werden, dass Daten am Auto manipuliert werden oder dass der Kilometerstand zurückgedreht wird. Für Schweizer Autos gilt ausserdem eine fünfjährige Garantie ohne Kilometerbegrenzung. Alfa Romeo scheint also von der Qualität des Tonale voll und ganz überzeugt zu sein.

Hervorragendes Audiosystem von Harman Kardon

Die Qualität der Materialien und die Verarbeitung des Innenraums sind auf jeden Fall ohne Makel, die vielen Ledernähte im Cockpit vermitteln einen edlen Eindruck. Sparmassnahmen fallen kaum auf, wenn man von den Hartplastikeinsätzen für die Fensterheber oder in tiefer liegenden Bereichen absieht. Selbst die Getränkehalter sind im hochwertigen Aluminium-Look gehalten.

Die optional erhältlichen, sportlich geformten Ledersitze zeichnen sich zudem durch ihre hervorragende Langstreckentauglichkeit aus. Das in unserem Testwagen installierte Harman-Kardon-Soundsystem mit 13 Lautsprechern, einem Subwoofer und einer Leistung von 465 Watt verdient ebenfalls ein Lob. Es vermittelt das Gefühl eines Konzertsaals.

Viel Stauraum, durchschnittliche Sichtverhältnisse

Im Fond ist das Ein- und Aussteigen dank des grosszügigen Öffnungsquerschnitts sehr komfortabel. Die Kopf- und Beinfreiheit ist hervorragend. Selbst grosse Menschen sitzen bequem auf dem sonst eher unbeliebten Mittelplatz, obwohl die Sitzfläche dort etwas härter ist. Was den Kofferraum betrifft, gefällt der etwas hohe Rand nicht. Dafür ist die Ladeklappe ausreichend gross. Und im Kofferraum selbst sorgt der doppelte Boden dafür, dass nach dem Umklappen der 1/3 und 2/3 teilbaren Rückenlehne eine völlig ebene Ladefläche entsteht.


Die Rückenlehnen lassen sich zwar nur in zwei Teilen umklappen, aber im Kofferraum ist viel Platz.

So können bei Bedarf auch lange oder hohe Gegenstände transportiert werden. Ausserdem ist das Kofferraumvolumen von 550 auf 1550 Liter erweiterbar und bietet somit ausreichend Platz für Gepäck. Es gibt sogar eine Durchreiche. Die Sicht nach hinten und zu den Seiten ist hingegen aufgrund der dicken C-Säulen und der kleinen Fenster nur mittelmässig.

Das Cuore Sportivo hinkt

Unser Testwagen war mit einem 48-Volt-Mildhybrid mit 1,5 Litern Hubraum, 130 PS, 240 Nm und einem 7-Gang-Schaltgetriebe ausgestattet. Der Elektromotor liefert 20 PS und 55 Nm, gewinnt Bremsenergie zurück, hilft beim Beschleunigen, lässt den Tonale rein elektrisch anfahren und zurücksetzen und schaltet den Benzinmotor beim Rollen unter 90 km/h ab.

Dieses Paket ist mit einem Leergewicht von 1,6 Tonnen verbunden, was nicht gerade die idealen Voraussetzungen für viel Fahrvergnügen sind. Zudem ist die Gasannahme sehr zögerlich. Der Motor dreht nur widerwillig hoch, braucht aber dennoch hohe Drehzahlen, um Kraft zu liefern. Oft wissen das Getriebe, der Motor und der Elektromotor nicht, wer gerade dran ist, was zu Denksekunden und Ruckeln beim Beschleunigen aus niedrigen Geschwindigkeiten führt.


Das Cuore Sportivo macht sich beim Fahren kaum bemerkbar.

Unsere Beschleunigungsmessungen ergaben immerhin einen Wert von 9,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h, was 0,1 Sekunden unter dem Werkswert liegt. Trotzdem merkt man vom viel gepriesenen Cuore Sportivo nicht viel. Zudem ist die Lenkung zwar direkt, wirkt aber synthetisch und wenig reaktionsfreudig. Allenfalls im Dynamic-Modus kann man ein wenig Fahrspass erahnen. Aber selbst dann ist der Klang des Motors uninspiriert.

Eine sportliche Basis wäre verfügbar

Das ist äusserst schade, denn die Brembo-Bremsen verzögern bemerkenswert gut, die Seitenneigung ist gering, die Kurvenlage ist trotz der ausgeprägten Frontlastigkeit hervorragend, der Federungskomfort ebenfalls, wenn man von dem harten Abrollen der 20-Zöller absieht. Vielleicht hätte die Stellantis-Gruppe gut daran getan, die 130- und 160-PS-Versionen nicht als Alfa Romeo anzubieten, sondern sich auf höher motorisierte Versionen zu konzentrieren.

Akzeptabler Verbrauch

Der Testverbrauch pendelte sich bei 7,0 l/100 km ein. Aber auch Verbräuche unter sieben Litern wären möglich, denn die ai-Normrunde ergab 5,4 Liter. Das passt also gut zu einem kleinen, sparsamen Alltagsbegleiter. Auch die Preisliste gibt wenig Anlass, sich auszutoben. Unsere bereits sehr gut ausgestattete Edizione Speciale kostet ab 46 900 Franken, inklusive schöner Dinge wie Vollmatrix-LED-Scheinwerfer, 20-Zoll-Felgen oder Sitze in Alcantara-Kunstleder. Die 160-PS-Version ist 2000 Franken teurer.


Es können Durchschnittsverbräuche von weniger als 6 l/100 km erreicht werden.

Dazu kann man drei Plus-Pakete wählen. Das teuerste Premium-Paket, das in unserem Testwagen eingebaut war, kostet 6000 Franken. Dann sind die Ledersitze, die tolle Stereoanlage und zusätzliche Assistenzsysteme an Bord. Auch wer nicht mehr als 50 000 Franken ausgeben will, muss sich nicht wirklich einschränken.

Fazit

Auch wenn der Tonale auf der bekannten Stellantis-Technik basiert, überzeugt er durch sein originelles, stilvolles und sehr italienisches Design. Das Interieur ist fein gestaltet, Platzangebot, Bedienung, Materialwahl und Qualität sind in Ordnung. Dennoch bleibt der Gesamteindruck diffus, da das leistungsschwache Hybridpaket die für Alfa typischen Emotionen nicht aufkommen lässt.

Technische Daten

 

Alfa Romeo Tonale 1.5 Hybrid
Preis: ab 46'900 Fr.
Testwagen: 54'100 Fr.

 

Motor und Antrieb
R4 Turbobenziner Mildhybrid, 1469 cm3 / Bohrung x Hub: 71,2 x 92,2 mm / Leistung: 96 kW/130 PS bei 5750/min /
Drehmoment: 240 Nm bei 1500/min / Elektromotor: 15 kW/20 PS, 55 Nm / Batterie: 0,8 kW/h /
Getriebe: 7-Gang-Doppelkupplung / Antrieb: Vorderrad.

 

Prüfstandswerte ai
Leistung im Test: 102,6 kW (139,5 PS) bei 5345/min (Abweichung: +7,3 %)
Drehmoment im Test: 265 Nm bei 2723/min (Abweichung: +10,4 %)
Maximale Drehzahl: 5603/min

 

Fahrleistungen (Messwerte ai)
Beschleunigung: 0-50 km/h: 3,6 s / 0-80 km/h: 6,9 s / 0-100 km/h: 9,5 s (Werk: 9,6 s) / 0-120 km/h: 9,5 s / 0-140 km/h: 17,8 s /
0-160 km/h: 24,6 s / 0-180 km/h: 44,6 s / 400 m aus dem Stand: 17,0 s (153,3 km/h) / 1000 m aus dem Stand: 30,8 s (167,5 km/h) / Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h (Werk).
Bremsweg: Min./Max.32,2/35,1 m.
Wendekreis: 11,6 m

 

Verbrauch
ai-Normrunde: 5,3 l/100 km
Test: 7,0 l/100 km
Werk: (WLTP) 6,1 l/100 km
Min./Max.: 5,3/7,6 l/100 km
CO2/Effizienzkategorie (Werk): 139 g/km
Effizienzklasse: B

 

Abmessungen und Gewicht
Länge/Breite/Höhe (mm): 4528 / 1835 / 1601 / Radstand: 2636 mm / Leergewicht: 1600 kg (Werk) / Testwagen: 1600 kg / Leistungsgewicht: 12,3 kg/PS / Nutzlast: 535 kg / Kofferraumvolumen: 500-1550 l / Tankinhalt: 55 l.

 

Fahrwerk
Einzelradaufhängung vorne/hinten, Schraubenfedern mit zweistufigem Ventil, Stabilisatoren, vier Scheibenbremsen, vorne innenbelüftet, Zahnstangenlenkung, elektrische Servolenkung.
Bereifung (vorne/hinten): 235/40 R20.

Text: Stefan Fritschi
Bilder: auto-illustrierte

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