Classic

Das Auto als Sidekick - Heldentreffen

Als Kind der 70er und 80er war man gesegnet mit VHS, Videotheken und dem Samstagabendprogramm im Schweizer Fernsehen. Und da lief auch so manches Roadmovie mit viel Verfolgungsmusik. Zurück in die Vergangenheit.

Veröffentlicht am 19.10.2023

Wer aktuell eine fünf, eine vier oder gar eine drei auf dem Rücken stehen hat, wird, so wie ich, eine Menge Zeit vor der Flimmerkiste mit drei Sendern verbracht haben. Da war nix mit Tablet, Youtube oder Netflix Kids. Da waren auch Altersfreigaben eher individuell interpretiert. Und wer damals schon etwas mit Autos am Hut hatte, der kam um die amerikanischen Filme aus der Hand von Hal Needham nicht rum. Der Mann hatte ein Faible für grosse, durstige, tontechnisch glorifizierte V8’s, erhöhten Reifenverschleiss, spektakuläre Stunts und vor allem, für denkfreie Unterhaltung. War super für mich, auch heute geh’ ich bei solchen Filmen gerne mal auf Notstrom.

Goldene Hühner und qualmende Reifen

Ikonische Heckansicht - nicht nur für übermotivierte Sheriffs. 

Man kommt als heranwachsender Petrolhead der 80er um den Pontiac Trans Am nicht herum, ohne ein ganz bestimmtes Farbschema im Kopf zu haben. Ich kann mich erinnern, dass mich mein Götti damals mitgenommen hat zu einem Freund, der habe genau denselben Trans Am wie eben Burt Reynolds in dem Film, mein Kopf drehte mit gesperrter Hinterachse fast durch. Zu meiner milden Enttäuschung war aber jenes Auto nicht schwarz mit goldenen Hühnern drauf, sondern goldig mit schwarzen Hühnern. Das war irgendwie nicht jener Held, den ich mir fast jeden Sonntag auf dem hölzernen Grundig meiner Grossmutter ab dem klotzigen Videorekorder ins Hirn hineinrepetiert habe. Das war eher Rivella blau statt rot, Zweifel Nature statt Paprika, warme Milch statt Ovo. 

Noch so ein lustiger Vogel: Der Plymouth Road Runner. 

Der ideale Ort für eine Strassenromanze unter Zeitdruck?

Der Film, die flapsigen Dialoge, das Hero-Car und Sheriff Beauford T. Justice blieben in den Synapsen kleben. Auch dessen für heutige Verhältnisse eher grenzwertigen Aussagen, über welche wir uns heute noch von Zeit zu Zeit in illustrer Runde amüsieren. Justice und sein Pontiac LeMans wurden im Laufe des Films zwar immer komischer, aber auch immer desolater. Gleichzeitig hatten sich der Outlaw Bandit und sein schwarzer Trans Am den Heldenstatus hart verdient. Burt Reynolds' Charakter «Bandit» hatte trotz dem latenten Hang zur Verkehrskriminalität keine Bösartigkeit an sich, auch wenn ich damals schon wusste, so ganz korrekt ist Alkoholschmuggel, zu schnelles Fahren und das Schrotten von Staatseigentum nicht. Ebenso wenig das Niedermähen von Briefkästen. Jesse James war ein Dreck gegen den. Und dann war da noch eine Hochzeit auf der Suche nach einer Braut. Den Gag hab ich damals nicht verstanden.

Nebensächliche Fahrphysik

Wenns funkt - und plötzlich wollte jeder einen CB-Funk im Auto haben. 

Im Film wurde nicht am Material gespart. Und hier schlägt sich eine Parallele zu den heutigen CGI-Kloppern aus dem Hause Disney/Marvel. Der Held kann sich quasi von bzw. über die Brücke schmeissen und trägt keinen Kratzer davon. Physik? Im Film ist sie oftmals Nebensache. Dass dabei alles möglich zu Bruch geht, davon kriegt der Zuschauer, so wie ich damals, nichts mit. Wo in der Realität mal eine Ölwanne abreisst, ein Kühler sich komplett entleert oder ein Stossdämpfer durch die Haube springt, läuft im Plot alles ganz normal weiter, das Auto als Held scheint unzerstörbar. Alles war vermeintlich gefühlvoll, aber knapp. Aber vor allem, knapp.

Fahrender Hühnerstall - am ganzen Auto findet sich der Feuervogel mindestens zehn mal. 

Und deswegen sagt man, einem Helden aus alten Zeiten sollte man nicht zu nahe kommen, sie neigen zum altern. Aber, man sollte ihm auch nicht komplett aus dem Weg gehen. So wie ich, irgendwann Anfang dieses Jahres. Und ich war da auch nicht ganz so heikel, auch wenn der Jahrgang und damit die Front an diesem T/A nicht zu 100 Prozent dem Filmauto entsprachen, wollte ich dieses Auto unbedingt vor der Linse und vor allem, unter meinem rechten Fuss haben. Und es war eine wunderbare Reise, auch wenn ich am Funk nicht beleidigt wurde und mich auch nicht gefühlt habe als wäre ich der gottverdammteste Verfolgte, der jemals verfolgt wurde.

Text und Bilder: Markus Kunz

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