

Ercole Spada – Der stille Strich
Ercole Spada ist tot. Und mit ihm ein Stück Autodesign, das sich nie in den Vordergrund gedrängt hat – aber alles verändert hat.
Bruno Sacco ging letztes Jahr. Jetzt ist auch Ercole Spada fort. Ein weiterer grosser Italiener, der unsere Strassen geprägt hat, ohne je ein Selfie vor seinen Entwürfen zu machen. Kein Designer mit Rockstar-Gehabe, kein Bühnenmensch wie Giugiaro oder Bangle. Einfach einer, der die Welt stiller und schöner machte – mit Lineal, Blick für Proportionen und einer bemerkenswerten Abwesenheit von Eitelkeit.
Dabei hat Spada Ikonen gezeichnet: die Aston Martin DB4 GT Zagato, diverse Alfas mit traumhaften Kamm-Hecklinien, den ersten BMW 7er, der aussah wie ein Kanzlerdienstwagen mit Sixpack. Wer in den 80ern Fiat fuhr, sass womöglich in seiner Tipo, wer in den 90ern BMW liebte, liebte seine E34-Limousine – auch wenn man den Namen Spada nie gehört hatte. Und genau da beginnt sein eigentliches Markenzeichen:
Tronca Coda
Spada war kein Lautsprecher. Eher ein Flüsterer mit Zeichenstift. Während andere Designer ihre Skizzen inszenierten wie Haute Couture, machte er Autos, die einfach funktionierten – und dabei schlicht gut aussahen. Understatement mit Aerodynamik. Sein Signet? Die „Coda Tronca“, das abgeschnittene Heck – halb Windkanal, halb Dadaismus. Klingt nicht sexy, wirkt aber bis heute.
Bei Zagato war er der Mann hinter legendären Alfa-Coupés. Später entwarf er für BMW die E32- und E34-Reihe – Autos, die auf jedem Youngtimer-Treffen glänzen wie Massanzüge mit Nadelstreifen.
Dann: Fiat Tipo, Alfa 155, Lancia Dedra. Modelle, die Europas Strassen mit Formgefühl statt Firlefanz bereicherten. Und als wäre ihm das irgendwann selbst zu leise gewesen, noch die Ferrari FZ93: ein scharfkantiges Einzelstück wie ein italienisches Basta! in Aluminium.
Mit über 70 gründete er noch sein eigenes Studio: Spadaconcept. Denn Ruhestand war nichts für einen Linienkünstler.
Ercole Spada war nie der Lauteste im Raum. Aber vielleicht der Klügste. Seine Autos mussten nicht schreien – sie fuhren einfach gut. Und sahen dabei so aus, als hätte man beim Zeichnen wirklich nachgedacht. Der Mann war ein Meister der Reduktion, der Schwerkraft der Linie – und ein letztes Relikt aus einer Zeit, in der Form noch aus Funktion geboren wurde, nicht aus Moodboards.
Jetzt ist er weg.
Und irgendwie ist es plötzlich stiller geworden in der Welt des Designs.
Vielleicht, weil ein Flüsterer gegangen ist.
Text: GAT
Bilder: Hersteller