Robin Road

Robin Road - Lassowurf

Pia will eigentlich nur schnell mit ihrem Auto samt Anhänger vom Abstellplatz zu ihrer Wohnung fahren. Als routinierte Autofahrerin beherrscht sie das Manövrieren eines Anhängers wie Julia Roberts den Lotus Esprit in «Pretty Woman» – so denkt sie zumindest.

Veröffentlicht am 01.03.2025

An einem sonnigen Märztag auf einer Kreuzung nimmt das Unheil seinen Lauf. Mitten im Strassenverkehr bricht die Kupplungsvorrichtung von Pias Anhänger. Das Gefährt rollt unkontrolliert davon, bis es an einer Hauswand zum Stillstand kommt. Wie durch ein Wunder wird niemand verletzt. Pia ahnt nicht, dass ihr noch eine längere juristische Auseinandersetzung bevorsteht.

Schnell stellt sich heraus, dass nicht nur ein technischer Defekt schuld war, sondern vor allem ein kleines Teil mit grosser Wirkung: das Abreissseil. Anhänger unter 1,5 Tonnen benötigen gemäss Gesetz eine korrekte Befestigung des Sicherungsseils am Zugfahrzeug. Pia legte dieses Seil aber nur wie ein Lasso um die Kupplung, anstatt es richtig zu befestigen. Eigentlich eine Kleinigkeit. Doch im Nachhinein wird klar, wie gefährlich es hätte werden können.

Kleiner Teilerfolg

Für die Staatsanwaltschaft ist Pias Fehler eindeutig: Sie hätte das Abreissseil vorschriftsmässig und nicht per lässigem Lassowurf befestigen müssen, damit ein versehentlich gelöster Anhänger unmittelbar gebremst wird. Sie wird wegen fahrlässigen Führens eines nicht betriebssicheren leichten Anhängerzugs verurteilt und bekommt eine Busse und die Verfahrensgebühren aufgebrummt. Das Strassenverkehrsamt verfügt ausserdem einen einmonatigen Führerausweisentzug und verpflichtet sie zum eintägigen Besuchs des Verkehrsunterrichts. Eine herbe Überraschung. Sie hält diese Massnahme für übertrieben, zumal – zum Glück – niemand verletzt wurde.

Pia nimmt sich rechtliche Hilfe und legt Rekurs ein. Der Verkehrsunterricht wird daraufhin fallen gelassen. Sie kann glaubhaft darlegen, dass sie einsichtig und selbstkritisch ist. Zudem kommt ihr ihr guter automobilistischer Leumund zugute. Den Führerausweisentzug kann sie hingegen nicht verhindern. Auch ein nur kurzer Fahrweg ist keine Entschuldigung. Ein unkontrolliert rollender Anhänger stelle stets eine erhebliche Gefahr dar, argumentiert das Strassenverkehrsamt. Egal, wie lang die gefahrene Strecke ist, ein mangelhaft gesicherter Anhänger birgt erhebliche Gefahren für Dritte, besonders zur Mittagszeit. Fussgänger, Radfahrer oder sogar spielende Kinder hätten von der unkontrollierten Fahrt des Anhängers erfasst werden können.

Keine rechtliche Belohnung

Dies deckt sich auch mit der Rechtsprechung des Bundesgerichts: Wer vom Glück profitiere, dass nichts Schlimmeres geschah, soll nicht auch noch rechtlich belohnt werden. Die abstrakte Gefahr für Schäden mit verletzten Personen sei entscheidend. 

Pia findet sich damit ab und akzeptiert den Ausweisentzug. Immerhin kann sie den Beginn des Entzugs auf den Herbst verlegen. Je nach Kanton werden drei bis sechs Monate Aufschub gewährt. 

Robin Road wünscht allen weiterhin gute und sichere Fahrt!

 

Robin Road im Namen des Verkehrsrechts

Dr. Rainer Riek alias Robin Road ist Anwalt und Notar bei www.zp-law.ch und unter anderem
spezialisiert auf Verkehrsrecht. Auf der Internetseite www.driving.legal schreibt Robin Road einen Autoblog. Haben Sie Fragen an Robin Road? Abonnentinnen und Abonnenten profitieren von einer kostenlosen Rechtsberatung. Schreiben Sie eine E-Mail an ai-abo@c-media.ch.

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