Schwerer als die Polizei erlaubt?
Logistiker Toni kalkuliert seine Aufträge am Limit, auch was die Beladung anbelangt. Es ist aus wirtschaftlicher und ökologischer Sicht sinnvoll, nicht unterbeladen zu fahren. Als Toni den Waagschein nach einer Polizeikontrolle las, war er allerdings überrascht: Fast eine halbe Tonne soll der Sattelschlepper mit Anhänger zu schwer gewesen sein.
Irgendetwas konnte da nicht stimmen. Toni musste ohnehin die Ladung reduzieren und lud gleich seine gesamte Fracht ab. Als er den leeren Sattelschlepper wiegen liess, staunten er und die Polizeibeamtin nicht schlecht: Allein das Zugfahrzeug wog rund 300 Kilogramm mehr als das im Fahrzeugausweis angegebene Leergewicht. Was lief hier falsch?
Man hört immer wieder, dass das Leergewicht besonders in der Schweiz wegen der gern bestellten Optionen höher ausfällt. Dies trifft zu. Nur sollte man sich zumindest bei einem Neuwagen darauf verlassen dürfen, was im Fahrzeugausweis steht. Der Fahrzeugausweis ist immerhin ein amtlich ausgestelltes und «geprüftes» Dokument. Aber darauf ist kein Verlass, wie der Fall von Toni zeigt.
Kein Verlass auf Fahrzeugausweis
Toni hatte das Fahrzeug wie bestellt sowie vom Importeur geliefert gefahren und keine An- oder Umbauten vorgenommen. Was er aber nicht wusste: Das Strassenverkehrsamt führte selbst keine Nachprüfung des Leergewichts aus. Vielmehr war dafür eine vom Strassenverkehrsamt akkreditierte Firma zuständig, die sogenannte Selbstabnahme. Aber auch diese Firma prüfte nicht selbst nach, sondern verliess sich auf die Angaben des Leergewichts des Herstellers. Dabei bezogen sich die werksseitig angegebenen Gewichte lediglich auf das serienmässige Modell. Allfällige Zusatzausstattungen und Optionen wurden nicht berücksichtigt, solange sich diese in einer definierten Marge bewegen. Das Leergewicht wurde in der Schweiz somit gar nicht geprüft, sondern ungesehen vom Hersteller übernommen und schliesslich in den Fahrzeugausweis übertragen.
Mit dieser Erklärung war nun immerhin für Toni klar, wie es zur Überlast kam: Stimmt das Leergewicht im Fahrzeugausweis nicht, dann führte seine von ihm berechnete Zuladung automatisch zu einer Überlast. Der Fall von Toni ist aktuell bei der Staatsanwaltschaft hängig, die nun klären muss, ob er sich auf das Leergewicht im amtlichen Dokument Fahrzeugausweis verlassen durfte oder nicht. Über den Ausgang berichtet Robin Road in einem späteren Artikel.
Vorsicht bei Wohnmobilen
Diese Problematik gilt gerade vor der anstehenden Ferienzeit – besonders für Wohnmobile und Camper. Eine Familie mit zwei Kindern inklusive Reisegepäck gerät bei den beliebten auf 3,5 Tonnen begrenzten Campern bald einmal über die Gewichtsgrenze, wenn das tatsächliche Leergewicht bereits mehrere 100 Kilogramm höher liegt als im Fahrzeugausweis eingetragen. Insbesondere bei Occasionen oder bei selbst vorgenommenen Um- oder
Anbauten kommen so schnell weitere 100 Kilogramm dazu. Die Strassenverkehrsämter werden oft über solche Änderungen nicht informiert, weshalb auch das Leergewicht nicht nachgeführt wird. Und wenn man sich nicht einmal auf das Leergewicht verlassen kann, dann ist eine Nachmessung gleich doppelt angezeigt. Wohnmobilfahrer und -fahrerinnen sind daher gut beraten, das Leergewicht vorab zu messen und die Zuladung oder das Gesamtgewicht zu prüfen. Sonst wird die Ferienfreude bei einer Polizeikontrolle bald einmal ausgebremst, ganz zu schweigen vom Sicherheitsrisiko, wenn die Überlast das Fahrverhalten beeinträchtigt.
Toni hat seine eigenen Schlüsse aus der Fehlzündung des Fahrzeugausweises gezogen: Er hat das Fahrzeug verkauft und auf eine höhere Kategorie umgesattelt. Zudem hat er das Leergewicht vom Strassenverkehrsamt nachmessen lassen. Vorausschauen ist besser als Nachsitzen!
Robin Road wünscht Ihnen weiterhin gute Fahrt!
Text: Robin Road
Fotos: Vesa Eskola
Robin Road hilft
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www.auto-illustrierte.ch über strassenverkehrsrechtliche Themen sowie rund ums Auto im Recht. Er ist Rechtsanwalt und Notar bei www.zp-law.ch und unter anderem spezialisiert auf Strassenverkehrsrecht. Zudem postet er seine Autoquartette auf dem Auto-Blog von www.driving.legal.
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Wichtiger Hinweis: Es handelt sich hier meist um reale Fälle mit geänderten Namen. Jeder Fall ist verschieden und muss einzeln betrachtet werden. Daher erfolgen sämtliche Empfehlungen und Angaben ohne Gewähr.
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