Test

Test: BMW M3 Competition Touring

Die M GmbH hat sich getraut, seinem klangvollsten Modell das Kombi-Heck überzustülpen, und damit eines der vielleicht reizvollsten Autos überhaupt kreiert.

Veröffentlicht am 11.10.2023

Als BMW das Tuch vom M3 Touring zog, schrien Autofanatiker im Allgemeinen und BMW-Fans im Speziellen unisono: «Endlich!» Kann man bestimmt so sehen. Wir finden eher, die Münchner haben den perfekten Zeitpunkt gewählt, um den M3 mit mehr Nutzwert zu versehen. Und zwar gleich aus vier Gründen. Erstens zeigt es, dass bei der M GmbH noch echte Enthusiasten arbeiten, die sich dachten: «Lasst uns noch mal richtig einen raushauen.» Angesichts von XM und Konsorten scheint in Garching zuletzt ja eher die Finanzabteilung das Sagen gehabt zu haben. Zweitens dürfte der aktuelle M3 in dieser puren Form ohne Elek­trifizierung und Downsizing der letzte seiner Art sein. Drittens ist der G80 der schnellste Serien-M3 aller Zeiten, und schneller ist bekanntlich nie verkehrt. Dabei ist er viertens – das wohl schlagendste Argument für den Kombi – gleichzeitig der bisher alltagstauglichste.

Der Touring kassiert viele Daumen hoch, vor allem von anderen M3.

 

Allürenfreier Alltag

Stellen Sie sich mal einen E46 Touring vor. Zu spitz, zu viel Motorsport. Oder einen E90, dessen V8 jegliche Alltagstauglichkeit abgeht. F80? Viel zu unumgängliche Doppelkupplung. Und alle wollten sie jede Kurve im Drift nehmen. Lustig, aber unpraktisch wären sie gewesen. Im G81 heisst es nun: Allrad für die Sicherheit, einfach zu fahren, plus Motor und Automatik, die sich auch mal zurücknehmen können. Schalten Sie alles auf Comfort und die Ferienreise ist kein Problem. Das Fahrwerk gibt sich einigermassen schluckfreudig, die Achtgang-Automatik schaltet sanft und früh, der Motor säuselt im Hintergrund vor sich hin. Verräterisch ist einzig dieses enorm verwindungssteife Chassis, das einem stets ins Ohr flüstert: «Du kannst, wenn du willst.»

Die Kettensäge - BMW's e46 M3 CSL 

Die Farbe Frozen Brilliant White kostet 5600  Franken Aufpreis.

 

Quer geht auch

Und wie man kann, wenn man will. Stehen die Systeme auf Sport+, ist richtig Alarm angesagt. Der Sechszylinder ist hellwach, mit dem Gaspedal kontrolliert man gefühlt die Detonationsintensität eines besonders feinen Sprengsatzes. Er klingt von aussen okay, innen schmettert er dir schönsten Motorsportsound um die Ohren. Die Automatik kickt nicht so krass wie das alte DKG, schaltet aber ähnlich zackig und um Welten manierlicher. Gerne auf Befehl der haptisch tollen Karbonschaltpaddel hin. Auf Geraden sind Tempolimits und der Verkehr die limitierenden Faktoren. Noch mehr Spass als die pure Beschleunigung machen Pässe und kurvige Landstrassen. Das Mehrgewicht gegenüber der Limousine? Spürt man nicht. Mutige können die Regelsysteme aus- und den Antrieb auf Hinterrad schalten. Dann steht Querfahren in diesem Kombi nichts mehr im Weg. Fahrwerk und Lenkung geben hierfür schönes Feedback. Letztere vertrüge in allen Modi noch etwas mehr Gewicht, aber das ist Meckern auf hohem Niveau.

Neueste Infotainment­generation mit Curved Display.

 

Konfigurations-Overkill

Apropos Modi: Im M3 kann man wirklich alles verstellen, teils sogar mehrstufig. Schaltstrategie, Lenkung, Traktionskontrolle, Ansprechverhalten von Bremsen und Motor, Klangintensität, Antriebsverteilung zwischen den Achsen, und, und, und. Beeindruckend, ehrlicherweise aber auch zu viel des Guten. In der Realität probiert man sich einmal durch, legt seine favorisierten Einstellungen auf den beiden M-Tasten am Lenkrad ab und lässt die Einstellungen fortan in Ruhe.

Kyalami Orange spaltete die Meinungen in der Redaktion.

Ein Drittel der Einstellungsmöglichkeiten würde locker genügen. Auch dann wäre die Spreizung zwischen Sport und Alltag noch mehr als beeindruckend. Sie ist das eine, was den M3 Touring so reizvoll macht. Andererseits vermittelt das Auto einfach ein herrliches Gefühl. Schon klar, RS 4 Avant und C 63 T-Modell machen den Job schon seit Jahren. Es mag also sein, dass eine gute Portion «Jetzt darf auch er mal» mitschwingt. Aber der Bayer liefert einfach noch einmal einen anderen Charakter, spielt die Doppelrolle als Familienkutsche und Sportwagen am überzeugendsten. Natürlich kostet er unverschämt viel Geld für einen 3er BMW. Vor allem in unserem Testwagentrim, wo noch einmal satte 31'600 Franken an Extras drinstecken. Aber das Teil bietet eben auch unverschämt viel Nutzwert für einen M3. Sehen Sie es doch einfach so.

Fazit von Moritz Doka
Der M3 Touring ist zwei Autos in einem, überzeugt als Alltagsauto und als Spassmobil. Viel mehr, als man brauchen würde, und deshalb genau das, was man haben will. Einzig die Finanzen müssen stimmen.

Technische Daten BMW M3 Competition Touring

R6-Biturbobenziner, 2993 cm3, 375 kW/510 PS bei 6250/min, 650 Nm bei 2750/min, 8-Stufen-Automat, Allradantrieb, Norm: 10,4 l/100 km (WLTP), 235 g/km CO2, Effizienz: G, Test: 10,0 l/100 km, 0–100 km/h: 3,6 s, Spitze: 250 km/h (abgeriegelt), L/B/H: 4794/1903/1436 mm, Radstand: 2857 mm, Reifen: 275/35 R19 (v.), 285/30 R20 (h.), Leergewicht: 1940 kg, Zuladung: 430 kg, Ladevolumen: 500–1510 l, Anhängelast gebr./ungebr.: k. A., Preis: ab 127 400 Franken Testwagen: 159 000 Franken.

Text: Moritz Doka

Bilder: Markus Kunz

<< Zurück zur Übersicht

Das könnte Sie auch interessieren: