News

Autodiebstahl lohnt sich – nicht?!

Die Schweiz wird von Diebesbanden überrannt, die nicht mehr programmieren, sondern einfach nur zuschlagen. Warum Autodiebstahl heute wieder erschreckend simpel ist – und die Täter mit GPS statt Hacking-Tools arbeiten.

Veröffentlicht am 07.07.2025

Ferrari, BMW, Mercedes – was früher das Traumportfolio eines Autoliebhabers war, ist heute die Wunschliste organisierter Diebesbanden. Und zwar nicht irgendwo, sondern direkt vor unserer Haustür. In den letzten Monaten haben es Kriminelle besonders auf Schweizer Autohäuser abgesehen. Ihr Ziel: nicht etwa raffiniert gesicherte Sportwagen zu knacken – sondern ganz simpel die Schlüssel zu stehlen.
Einbruch, Schlüssel – und Vollgas. So einfach ist das mittlerweile. Die Täter schleichen sich nachts in die Garagen, brechen einen Schlüsselkasten auf, montieren ein Nummernschild, und verschwinden mit dem Boliden in Richtung Ausland. „Keine Chance“, sagt ein Autohändler aus dem Raum Zürich, dem kürzlich ein Ferrari gestohlen wurde. Innerhalb weniger Minuten war das Auto Geschichte.

Die üblichen Verdächtigen 

Was auffällt: Die Diebe wissen genau, was sie wollen. RS-Modelle von Audi, M-Versionen von BMW, AMG-Mercedes. Weniger wertvolle Fahrzeuge werden oft nur umgeparkt – um ans Objekt der Begierde zu kommen. Die Polizei geht von gezieltem Online-Scouting aus: Webseiten von Autohändlern dienen offenbar als Menükarte.
Die Zeiten, in denen Spezialisten mit Laptop und CAN-Bus-Adapter Autos in Sekunden knackten, sind vorbei. Heute braucht es weniger Tech-Zauber: ein gestohlener Schlüssel genügt. Der moderne Autodieb ist kein Hacker mehr, sondern ein Einbrecher mit GPS-Kenntnissen und gutem Timing. Der Schaden? Hoch fünfstellig – allein für zerstörte Schlösser, Glasschäden und verlorene Schlüssel. Von den Luxuskarossen ganz zu schweigen. Die Autos sind versichert – der Ruf oft nicht. Autohändler reagieren mit Pollern, Sirenen, Ortungssystemen. Manche blockieren nachts die Ausfahrt mit dem eigenen Auto. Denn klar ist: Wer sich nicht schützt, serviert sein Inventar auf dem Silbertablett.

Ein Hoffnungsschimmer: In Hamburg konnte durch eine gezielte Polizeifahndung eine Bande zerschlagen werden – die Diebstähle gingen prompt um 40 Prozent zurück. Doch in der Schweiz rollt die Welle weiter – auch, weil wir eine hohe Dichte begehrter Luxusfahrzeuge besitzen. Und solange Schlüssel nicht besser gesichert sind als das Auto selbst, bleibt das Risiko bestehen.

 

Im Wandel der Zeit

1. Die gute alte Brechstange (bis 1980er Jahre)

Früher war Autoklau fast ein Handwerk: Mit dem Schraubenzieher die Tür aufhebeln, Zünddrähte verbinden – fertig war der „Hotwire“-Diebstahl. Autos hatten einfache Schlösser, keine Elektronik, kaum Alarmanlagen. Lenkradkrallen und mechanische Sperren sollten abschrecken – taten es aber nur bedingt. Die Einstiegshürde war niedrig, die Diebstahlzahlen hoch.

2. Die Wegfahrsperre kommt (1990er Jahre)

Mit der elektronischen Wegfahrsperre änderte sich alles. Ohne den passenden Transponder im Schlüssel blieb der Motor still. Kurzschließen wurde wirkungslos. Gleichzeitig verbreiteten sich Alarmanlagen. Die Folge: Gelegenheitsdiebe hatten kaum noch Chancen. Profis rückten nun mit eigener Fahrzeugelektronik an – oder stiegen gleich ins Haus ein, um den Originalschlüssel zu klauen.

3. GPS und organisierte Banden (2000er Jahre)

Sicherungstechnik wurde besser – Autodiebe auch. GPS-Ortung, stilllegbare Systeme, verschlüsselte Schlüsselcodes machten das Auto sicherer. Doch auch aufwendiger für Kriminelle. Internationale Banden arbeiteten hochprofessionell, schmuggelten Fahrzeuge über Grenzen oder zerlegten sie in Einzelteile. Oft wurde auf Bestellung gestohlen.

4. Keyless-Systeme: Komfort mit Sicherheitslücken (2010er Jahre)

Keyless-Go brachte Bequemlichkeit – und neue Probleme: Mit sogenannten Relay-Angriffen verlängerten Diebe das Funksignal des Schlüssels aus dem Haus und starteten das Auto, ohne ihn je besessen zu haben. Später folgte die CAN-Bus-Injection – elektronische Angriffe über die Verkabelung, oft getarnt in Alltagsgegenständen wie Bluetooth-Lautsprechern. Die Fahrzeugelektronik wurde zur Achillesferse.

5. Der neue Klassiker: Der Schlüssel muss her (2020er Jahre)

Moderne Autos sind gegen digitale Angriffe besser gewappnet. Keyless-Schlüssel senden nur noch bei Bewegung, Kommunikationskanäle sind verschlüsselt. Und doch gilt heute: Der sicherste Weg ist oft der einfachste – den echten Schlüssel stehlen. Ob durch Homejacking, Ausspähen über Onlineportale oder AirTags am Fahrzeug – die Profis planen minutiös. Und weil das Auto selbst kaum mehr Schwächen hat, zielt die Kriminalität auf die letzte Schwachstelle: den Menschen.
 

 
Text: GAT
Bilder: Mercedes, AMAG, BMW

<< Zurück zur Übersicht

Das könnte Sie auch interessieren: