Drive

Big, Bigger, Bigster

Mit dem Bigster will Dacia das C-Segment der SUVs aufmischen. Und das mit ihrer unnachahmlichen Art, sich auf das Wesentliche zu reduzieren – den Preis.

Veröffentlicht am 31.03.2025

Lasst es bitte einfach, wurden wir gewarnt. Die Wahrscheinlichkeit sei hoch, dass man nach einer Probefahrt mit einem Kopfnicken aussteigt und ein «Mehr Auto braucht es wirklich nicht» murmelt. Ob uns das ebenfalls passieren wird? Abwarten! So leicht lassen wir uns nicht um den Finger wickeln. 

Der Dacia Bigster ist zweifelsfrei als Kind der rumänischen Renault-Tochter zu erkennen. Breiter Kühlergrill mit dem „Dacia Link“-Emblem, vorne die Y-förmige Lichtsignatur, hinten LED-Leuchten. Elemente an Front, Heck, Schwellern sowie die Radhausverkleidungen bestehen aus Starkle – einem nachhaltigen, unlackierten Öko-Kunststoff. Damit optisch sofort klar wird: Der Bigster will rustikaler Naturbursche sein. 

Robust geht es auch im Innenraum weiter – zumindest in der getesteten Ausstattungslinie Extreme. Eine solide verarbeitete Landschaft aus Hartplastik wird durch Y-förmige Akzente an Belüftungsdüsen und Türgriffen aufgelockert. Etwas geschmeidiger wirken die bequemen Sitzpolster sowie das übersichtliche Infotainment-System. Die Bedienung ist intuitiv, und mit ein paar Fingertipps hat man sich schnell zurechtgefunden. „Keep it simple“ – auf charmant-rumänische Art.


Gross im Auftritt

Natürlich weiss man auch bei Dacia, dass selbst der härteste Abenteurer irgendwo in den Tiefen seiner Zwölf-Taschen-Trekkinghose ein Smartphone verstaut hat. Deshalb gibt’s neben drahtloser CarPlay-Konnektivität auch eine prominent platzierte Smartphone-Halterung. Sehr Renault-like wirken die Schalter und Tasten – inklusive der praktischen Bedienleiste fürs Klima sowie dem links neben dem Lenkrad platzierten „My Safety“-Knopf, mit dem sich mehrere Assistenzsysteme gleichzeitig aktivieren oder deaktivieren lassen. Mit dem YouClip-System bietet Dacia zudem ein funktionales Befestigungssystem für den Innenraum: Der kleine Clip lässt sich mit verschiedenem Zubehör kombinieren – von Hundenapf über Mülleimer bis zur Taschenlampe. Wer einen 3D-Drucker besitzt, könnte hier noch kreativer werden.


Wirklich grossartig ist der Bigster in seinen Abmessungen. Mit rund 4,6 Metern Länge, 1,8 Metern Breite und 1,7 Metern Höhe passt er genau ins C-SUV-Segment. Innen spürt man das: luftiges Raumgefühl, in der zweiten Reihe grosszügige Beinfreiheit. Der Kofferraum schluckt über 660 Liter, mit umgeklappter Rückbank (40/20/40) sind es sogar rund 1800 Liter – mehr gab es noch nie in einem Dacia.

Weniger, dafür das Richtige  

Neu werkelt im Bigster der bislang grösste Vierzylinder der Marke – ein 1,8-Liter-Benziner. Und doch bleiben seine Fahreigenschaften, vor allem der Verbrauch, erfreulich niedrig. An den 80 kW/109 PS starken Verbrenner koppelt sich ein 36 kW/49 PS starker Elektromotor, gespeist von einer 1,4-kWh-Batterie. Dritter im Bunde ist ein Starter-Generator, der am Getriebe sitzt, Strom in die Batterie einspeist und bei Bedarf den Verbrenner startet. Insgesamt kommt das System auf 115 kW/155 PS und 172 Nm Drehmoment.


Bei moderater Fahrt erstaunt der hohe Anteil elektrischer Unterstützung. Der brummige Benziner greift gelegentlich ein, verschwindet aber ebenso schnell wieder. Das sorgt einerseits für Ruhe – andererseits für einen Verbrauch knapp über vier Litern. Vollgetankt zeigt der Bigster eine Reichweite von über 1000 Kilometern an, was auch an der effizienten Rekuperation beim Verzögern liegt.

Wer das rechte Pedal fester drückt, wird mit sehr gemächlichen Vortrieb belohnt. Die Multi-Mode-Wunderbox sortiert vier Gänge für den Verbrenner und zwei für den E-Motor – und gibt sich Mühe, die Geräuschkulisse beim Beschleunigen zu dämpfen. Doch das langgezogene Jaulen des Antriebs bleibt gewöhnungsbedürftig. Sportliche Ambitionen sollte man besser gar nicht erst mit ins Auto nehmen.

Leicht bockig  


Auch das Kurvenräubern kann man ad acta legen – fahrdynamische Höchstleistungen standen offensichtlich nicht ganz oben im Lastenheft. Zwar werden die Passagiere in Kurven nicht seekrank, doch das deutliche Neigen der Karosserie ist spürbar. Mit gezügeltem Gasfuss lässt sich das Schaukeln aber gut abfedern.

Mehr Aufsehen als das Fahrverhalten erregen die kurzen Absätze an Brücken oder fiese Schlaglöcher. Die rumpeln den Innenraum kräftig durch – und die Sitze können das nur bedingt ausgleichen. Dass der Bigster nicht nur auf Offroader macht, sondern auch echte Abenteuerlust mitbringt, zeigte ein kleiner Waldausflug: Trotz weichem Untergrund zog der Fronttriebler souverän zur Hütte hinauf. Noch besser soll das die kommende 4x4-Version meistern – mit zusätzlichem E-Antrieb an der Hinterachse.


Bigster ganz klein  

Wir sind etwas hin- und hergerissen. SUVs im C-Segment gibt es wie Sand am Meer, aber keiner trägt Gummistiefel so stolz wie der Dacia Bigster. Er besitzt einen gewissen Charme, dass man fehlenden Komfort oder sportliche Talente einfach als überflüssigen Luxus abtut. Aber: Es soll jedoch noch Personen geben, die mehr von ihrem Auto erwarten, etwas mehr Komfort, einen sportlichen Anspruch oder einen gewissen Status. Auch Menschen, die ihr Auto nicht bloss als fahrbarer Untersatz ansehen. Alle anderen bekommen ein SUV zum fast unschlagbaren Einstiegspreis von unter 30’000 Franken. Und da lohnt sich das Kreuz bei den Ausstattungslinien Extreme oder Journey sowie ein paar sinnvolle Extras allemal. Denn wirklich Big wird der Dacia Bigster beim Preis in keinem Fall.


Text: GAT
Bilder: Dacia

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