BMW iX M60 - Elektro-Elefant im Test
Die weltweiten Reaktionen auf den iX waren nicht nur positiv. Wir schauen dem SUV tief unters Blech und wollen wissen, ob er im Test mit anderen Qualitäten als seiner Optik zu überzeugen weiss.
Problem des iX ist ein kleines, mit Kunststoff umrandetes Loch in der Kopfstütze. Reisst der E-Bulle an, schleudert das Haupt von Beifahrern unter 1,65 Metern nach hinten – und knallt an das Stück Hartplastik. Fragen Sie den Kopf meiner Verlobten. Autsch.
Unfassbare Fahrleistungen
Vielleicht ist mein Gasfuss schuld, denn an sich macht der Bayer viel richtig – trotz streitbarer Optik. Riesenniere, schmale Leuchten und wuchtige Linien lassen das SUV noch grösser wirken, als es ist. Geschmackssache, aber es machen alle Platz, sobald das Teil im Rückspiegel auftaucht. Besser so bei den Fahrleistungen. 3,8 Sekunden auf 100 km/h und bis zu 250 km/h schafft das 2,7-Tonnen-Schiff. Zu spüren ist das Gewicht kaum. Im Sportmodus biegt der Brocken fast engagiert ab. Ganz kann der iX M60 seine Masse aber nicht verstecken. In der Stadt und auf Landstrassen wird es teils eng.
Autobahntier
Wohler fühlt sich der iX auf der Autobahn. Erstens wegen der rund 500 Kilometer, die er dank Riesenakku locker schafft. Zweitens an der Ladeleistung von bis zu 195 kW, womit in etwa 39 Minuten 80 Prozent nachgeladen sind. Und drittens am Fahrgefühl in «Comfort», wo die Fahrpedalkennlinie hinterkopffreundlicher wird. Weder Stösse noch Nachschaukeln auf unebener Strasse – Fahrkomfort Marke Tempur-Matratze. Und die Windgeräusche halten sich auch bei hohem Tempo auf deutschen Autobahnen zurück.
Raumgefühl, Sitzgüte und Fahrkomfort sind auf S-Klasse-Niveau und das Soundsystem massiert die Ohren in Opernhausqualität. Eine Dienstreise Basel-München verging wie im Flug, so entspannt bin ich nach 500 Kilometern Fahrt selten angekommen. Nicht ganz Premium sind die teils billig wirkenden Kunststoffverkleidungen in Türen und Mittelkonsole. Das enttäuscht nicht nur mit Blick auf den Preis, sondern wird auch durch die Platzierung neben geschliffenem Glas und offenporigem Holz zu offensichtlich.
Eine Macht ist das Infotainment. Es reagiert fix auf Touch- und Sprachbefehle. Die Bedienung ist intuitiv. In der Mittelkonsole gibt es Kurzwahltasten als berührungsempfindliche Flächen in besagter Holzverkleidung, was todschick aussieht. Und das Parkieren vereinfacht ein geniales Kamerasystem, das bei diesen Abmessungen auch nötig ist. Der iX ist ein Technik- und Designtempel. Er bietet gerade als M60 von allem etwas mehr. Ein iX 50 wäre der Kompromiss aus Reichweite, Leistung, Technik und Optik. Dazu liegt sein Preis tiefer, wobei auch 136 000 Franken schmerzen. Noch einmal autsch.
Fazit
«Rationaler» wäre der BMW iX 50. Aber wenn schon fett, dann richtig. Der iX M60 ist ein faszinierendes Halo-Car, mit dem BMW zeigen will, was geht. Nur die Materialqualität passt nicht ganz ins Bild.
Technische Daten
BMW iX xDrive M60 / Elektroantrieb / Motoren: Stromerregte Synchronmaschinen / Systemeistung:
455 kW (619 PS) / Systemdrehmoment: 1015 Nm / Antrieb: Allrad / Akku: Lithium-Ionen / Kapazität: 111,5 kWh / Ladeleistung: AC 11 kW, DC 195 kW (max.) / Verbrauch (WLTP): 21,9 kWh/100 km / Verbrauch (Test): 25,4 kWh/100 km / Reichweite (WLTP): 561 km / Emissionen: 0 g CO2/km / Energieeffizienz: A / Beschleunigung 0–100 km/h: 3,8 s / Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h (abger.) / Abmessungen L/B/H: 4953/1967/1696 mm / Leergewicht: 2659 kg / Zuladung: 501 kg / Anhängelast: 750 kg (ungebr.) / 2500 kg (gebr.) / Ladevolumen: 500–1750 l / Reifen v./h.: 275/40 R22 / Preis: ab 154 800 Franken
Text: Moritz Doka
Bilder: Markus Kunz