Kia EV3: Das Erstauto
Wer seinen Alltag von nun an elektrisch beschreiten möchte, sollte sich unbedingt mit dem EV3 auseinandersetzen. Das Erstauto ist der Alltagsheld, der Zweitwagen der geliebte Sidekick. Kia betont bei jeder Gelegenheit, dass der EV3 zweifelsfrei ein Erstauto sei.
Der Kia EV3 soll den Umstieg von der Verbrenner- in die Elektrowelt ermöglichen. Das Design ist ein Fünftürer mit Steilheck, der etwas erhöht wurde. Mit einer Länge von 4,30 Metern und einem grosszügigen Radstand von 2,68 Metern besitzt der kompakte Crossover kurze Überhänge, die wiederum der Fahrgastzelle zugutekommen. Trotz seiner kantigen und robusten Optik erreicht der EV3 einen cW-Wert von 0,26, mithilfe von aktiven Luftleitelementen und einem vollverkleideten Unterboden.
Raum schlau ausgenutzt
Kia setzt beim EV3 den Fokus auf maximale Raumausnutzung. Das Platzangebot in Reihe eins ist vorzüglich. Selbst grosse Menschen können problemlos eine angenehme Sitzposition einstellen, ohne den Mitfahrern im Fond die Blutzufuhr der Beine abzutrennen.
Die Rücksitzbank wirkt durch den fehlenden Kardantunnel noch luftiger und langstreckentauglicher. Auch beim Thema Kofferraum leistet sich der EV3 keine Schwächen. Von 460 bis zu 1’251 Litern, wenn man die Rückbank umklappt, ist schon eine ordentliche Ansage.
Den Fahrlehrer immer dabei
Den im Innenraum verwendeten Materialien sieht und merkt man dann aber schon den grünen Anstrich an. Auch im Kia EV3 wird viel Recycling-Kunststoff verbaut. Das Armaturenbrett besteht aus einem Mix aus wenigen Knöpfen und einem miteinander verbundenen 12,5-Zoll-Bildschirm. Dieser glänzt mit Übersichtlichkeit, intuitiver Bedienung und reaktionsschneller Umsetzung von Eingabebefehlen. Ebenso reaktionsschnell sind die nervösen Fahrassistenten. Jeder Blick zum Fenster wird vom aufmerksamkeitsbesessenen ADHSler mit Bimmeln quittiert. Ja, das mag so vorgeschrieben sein. Und nein, keiner setzt dies so sensibel um wie die Koreaner. Etwas Abhilfe schafft der Blick aufs Head-up-Display und die Befolgung der Warnhinweise des Fahrzeugs. Oder man nimmt sich Zeit und schaltet die Assistenzsysteme ab.
Netflix und Chill
Da es bei einem Stromer immer mal wieder vorkommt, dass man das Fahrzeug unterwegs laden muss, verbaut Kia einen ausziehbaren Tisch in der Mittelkonsole, um zu arbeiten. Wer schon genug gearbeitet hat, kann sich auf den «Premium-Relaxation-Sitzen» entspannen. Der Fahrersitz lässt sich so in eine Liegeposition bringen, um ein bisschen zu chillen oder zu netflixen.
Technik
Der EV3 basiert auf der skalierbaren Elektro-Plattform E-GMP. Entgegen der 800-Volt-Techniker EV6 und EV9, baut der EV3 auf einer 400-V-Architektur auf. Dafür wird es ihn mit zwei Batterieoptionen geben. Die kleinere bietet 58,3 kWh, die grössere liefert 81,4 kWh. Bei der Leistung herrscht Einigkeit: Ein Elektromotor mit 150 kW (204 PS) an der Vorderachse. Im Idealzustand sollen laut WLTP bis zu 436 bzw. 605 Kilometer möglich sein. Wenn sich die Reichweite dem Ende neigt, kann man am Schnelllader in einer halben Stunde den Ladestand von 10 auf 80 Prozent auffüllen. Das ist eigentlich fast Standard.
Weniger Standard ist, dass der EV3 beim Wechselstrom (AC) nur 11 kW schafft. Eine 22-kW-Option soll jedoch übernächstes Jahr nachgerüstet werden. Weitere Features wie „Vehicle-to-Home“ und „Vehicle-to-Grid“ sollen die Nutzbarkeit erhöhen. Zwar liegen die Mehrkosten einer bidirektionalen Ladestation noch um ein Vielfaches über denen einer konventionellen Wallbox. Sollte sich hier etwas tun, wäre der Kia EV3 bereit.
Fahr doch mal
Seine grösste Stärke zeigt der EV3 auf der Strasse – jedoch nicht in rasanter Dynamik, sondern in souveränem Reisekomfort. Das Fahrwerk meistert Bodenwellen mühelos und auch kurze Querfugen sind kaum spürbar, allenfalls leicht hörbar. Die Lenkung arbeitet präzise und liefert genug Rückmeldung, um ein bisschen Gefühl für die Vorderachse zu bewahren. Mit seinen 150 kW bietet der Motor ausreichend Leistung für den Alltag, ohne jedoch übertrieben sportliche Ambitionen zu wecken. Wer es trotzdem etwas ambitionierter angehen möchte, muss sich mit den Eingriffen der elektronischen Helfer auseinandersetzen – oder bleibt einfach entspannt und geniesst den guten Reisekomfort des EV3.
Fazit
Ja, der Kia EV3 ist ein guter Alltagsbegleiter. Mit modernem Design, guter Technik und einem hohen Mass an Vielseitigkeit und Geräumigkeit hat er sich den Titel Erstauto verdient. Dafür muss man allerdings zunächst mindestens 37’000 Franken mitbringen. Aber das geht für ein Erstauto in Ordnung.
Text: GAT
Bilder: Kia