

Spektakulär: Heidegger BMW 320i Gruppe 5
Sieg in Le Mans 1975 und zahlreiche WRC Rallyes: Die Motoren des Lichtensteiners Max Heidegger schrieben Renngeschichte. Einer der legendären Gruppe 5 BMW 320i liess Heidegger nun komplett in Kleinarbeit neu aufbauen.
Max Heidegger ist mehr als eine BMW-Garage im liechtensteinischen Triesen. Der Name steht für Rennsportgeschichte: Vor 50 Jahren gewann das Heidegger Racing Team in seiner Klasse das 24-Stunden-Rennen von Le Mans in einem BMW 2002 mit Formel-2-Motor und 330 PS Leistung. Es war eine Sensation: Der kleine ‘Nobody’ siegte gegen die grossen Werksteam von BMW, Ford, etc. Max Heidegger erinnert sich: “Der Erfolg unseres weiterentwickelten Motors war seine Zuverlässigkeit. Beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans wurde er nur bis maximal 8'800 U/m Touren belastet, obwohl mehr drin gelegen wären.”
30 Personen im Motorenbau
Die von Heidegger aufgebauten und weiterentwickelten Motoren waren bei vielen unterschiedlichen Rennteams sehr beliebt. “Zwischen 40 bis 50 Motoren dürften es gewesen sein”, schätzt Max Heidegger. “Nach zwei Rennen wurden die Motoren jeweils komplett zerlegt und wieder neu aufgebaut. Rund 30 Personen waren zu dieser Zeit alleine im Bereich Motorenbau beschäftigt.” Heideggers Sohn Jakob war damals noch ein Bub. Er erinnert sich, wie in Triesen die Rennfahrer ein und aus gingen. “Wenn die Fahrer in der Nähe waren, kamen sie immer zu uns auf Besuch und assen mit uns am Familientisch. Die finnischen Rennteams campierten sogar im Bus vor unserem Haus.”
Sieger-Motoren aus dem Ländle
Höhepunkt der Motorenkunst: 1978 bekam Max Heidegger von Ron Dennis den Auftrag, für das Formel-1-Team von McLaren einen 1500 ccm Doppelturbo-Motor zu bauen. Dieses Aggregat konnte Leistungen von bis zu 840 PS erzeugen. In den frühen 1980er Jahren kam Audi auf Heidegger zu und bat den Motor-Künstler, den Fünfzylinder-Turbomotor für den Rallye-Quattro weiterzuentwickeln, was den Liechtensteinern auch in Rekordzeit gelang. Mit dem Ur-Quattro gewannen Walter Röhrl und Michèle Mouton zahlreiche Rallyes. Graf Freddy Kottulinsky fuhr 1980 in einem allradgetriebenen Audi Sport Quattro mit dem von Heidegger entwickelten Audi-Motor die Rallye Paris-Dakar – und gewann. Das ist nur ein kleiner Ausschnitt aus der umfangreichen Trophäensammlung von Heidegger.
Scharfer Motor, leichte Karosserie
Zur Geschichte von Heidegger gehören auch Gruppe 5 Fahrzeuge wie der BMW 320i. Rund dreissig Stück wurden davon gebaut – drei davon entstanden bei Heidegger in Triesen. Jakob Heidegger weiss: “BMW lieferte uns den Bausatz aus Kunststoff und Fiberglas. Wir haben dann mit Seger & Hoffmann geschaut, ob und wie man die Anbauteile leichter und aerodynamischer machen könnte. Für die Türen verwendeten wir dann einen Honeycomb-Kunstharz aus dem Segelsport. Zudem wurde die ganze Front leichter, indem wir aus den drei Teilen Rumpf, Motorhaube und Kotflügel ein einziges Bauteil machten. Das machte das Auto nicht nur leichter, sondern auch stabiler. Die Kotflügel wurden aerodynamisch angepasst, was später auch von BMW übernommen wurde.” Die Anbauteile waren so leicht, dass sie von einer Person hochgehoben werden konnten.
In Kleinarbeit neu aufgebaut
Der BMW 320i Gruppe 5 kam in einem desolaten Zustand vor über dreissig Jahren zu Heidegger: “Es handelte sich um ein Unfallauto. Dem Fahrer ist zwar nichts passiert, das Auto hatte allerdings einen erheblichen Schaden. Wir haben das Auto mitsamt den Teilen all die Jahre eingelagert.” Jakob Heidegger hat viel recherchiert über dieses Auto – es sind aber immer noch viele Fragen offen. “Es ist eine Sisyphusarbeit, aber es gibt immer irgendwer, der etwas weiss.”
Natürlich hat der BMW 320i Gruppe 5 auch einer der legendären Heidegger-Motoren unter der Haube: “Die Weiterentwicklung umfasst unter anderem Kolben, Pleuel, Köpfe, Kühlsystem, Pumpen, Kurbelwelle mit Zentralschmierung, etc. Das Kolbenmaterial ist sehr leicht und lässt Drehzahlen bis 12’000 U/min zu.”
Neue Lackierung
Das Auto war ursprünglich Aubergine, die Farbe des damaligen Sponsors. Für den Wiederaufbau dieses Gruppe 5 BMW 320i entschied sich Max Heidegger aber für eine andere Lackierung. Buler Suisse Watch ist eine Hommage an die lange Sponsoring-Partnerschaft des Heidegger Racing Teams und entspricht dem damaligen Renn-Gruppe 5. Marc Surer gewann damals das Rennen am Norisring gegen Werks Ford und Werks BMW-Fahrzeuge.
Wie ein Go-Kart
Ein Jahr lang dauerte der Wiederaufbau. Das Resultat kann sich sehen lassen: 320 PS Leistung, 750 Kilogramm Gesamtgewicht – ein Höllengerät. Jakob Heidegger fasst das Fahrgefühl so zusammen: “Zum Fahren ist das Auto gewaltig, einfach wahnsinnig. Wie ein Go-Kart! Wir haben im Sinn, damit auch auf die Rennstrecke zu gehen. Nicht rennmässig, aber um auf einem richtigen Race-Track das Potential dieses Autos mal richtig auszufahren.”
Text: Jürg Zentner
Bilder: Christian Lienhard (lienhardbildwerke.ch)