Klassiker

Maserati A6GCS/53 Berlinetta – aus 4 werden 6

Wir haben in der aktuellen Ausgabe der «auto-illustrierte» versprochen, dass wir erklären, wie aus den vier Maserati A6GCS/53 Berlinetta sechs Exemplare werden konnten. Also machen wir das.

Veröffentlicht am 26.02.2022

Die Entstehungsgeschichte der Maserati A6GCS/53 Berlinetta haben wir in unserem Magazin schon erzählt. In der Printausgabe gibt es auch ganz viele schöne Bilder. Und das Versprechen, dass wir erzählen, wie es passieren konnte, dass von den vier gebauten Maserati A6GCS/53 Berlinetta unterdessen sechs Stück existieren. Dieses Versprechen lösen wir hier ein.

Also: Das erste Chassis, #2056, wurde noch 1953 eingekleidet, eine nochmals etwas geschärfte Variante dann 1954 auf dem Turiner Salon ausgestellt. Das Fahrzeug mit der Chassisnummer #2057 war im unteren Teil dunkelblau lackiert, das Dach kam etwas heller – und das Publikum war begeistert, dieses Fahrzeug gewann auch den Schönheitspreis am «Concorso Internazionale di Eleganza» in Rom. Es folgten noch zwei Berlinetta von Pininfarina, #2059 in Rot mit einem weissen Band und auf dem Salon von Paris 1954 ausgestellt, #2060 ebenfalls in Rot, aber mit einem blauen Band.

Beginnen wir von vorne, #2056, unserem Liebling. Dieses Fahrzeug wurde von Graf Paolo Gravina di Catania gekauft, der es sogleich an den «Giro di Sicilia» anmeldete. Doch der Graf hatte einen fürchterlichen Unfall, bei dem sein Beifahrer getötet wurde – voller Gram schickte er den Wagen zu Maserati zurück. Dort stand der Wagen während Jahrzehnten in einer dunklen Ecke, erst in den 90er Jahren wurde er wieder von der Carrozzeria Campana einigermassen hergerichtet, erhielt dabei eine neue Nase. Als Alejandro de Tomaso 1996 die gesamte Maserati-Sammlung über das Auktionshaus Brooks verschachern wollte, kam #2056 in die Panini-Sammlung.

Bei #2057 (Bild unten) ist die Geschichte wilder (und wohl nicht in allen Details wirklich zu bestätigen). Nach dem Turiner Salon kaufte ein Pietro Palmieri das Fahrzeug und meldete es zur Mille Miglia 1954 an. Palmieri liess die Pininfarina-Karosserie entfernen und baute #2057 zu einem Fantuzzi-Spyder um; dabei wurde das Fahrzeug auch gleich noch umnummeriert, erhielt die neue Chassisnummer #2086. Den Pininfarina-Aufbau verkaufte er an Corrado Cupellini, der ihn wiederum an Franco Lombardi weitergab (gegen ein nettes Entgelt, wie anzunehmen ist).

Ein ziemlich ruhiges Leben hatte #2059 (Bild unten). Nach der Show in Paris wurde der Maserati von Graf Alberto Magi Diligenti gekauft, der den einst rot-weissen A6GCS/53 komplett weiss lackieren liess – und damit 1955 an der Mille Miglia den 105. Rang (oder den 109., nach anderen Quellen) erreichte. Irgendwie kam #2059 dann in die USA, wurde von Stan Nowak entdeckt (und später von David Sydorick gekauft, und dann von Erich Traber, und dann von – wem?) und kann seither immer wieder auf Schönheitskonkurrenzen bewundert werden – in wunderbaren, unrestauriertem Zustand.

Weniger Glück hatte da #2060 (Bild unten). Das Fahrzeug wurde von der Scuderia Centro Sud (die Guglielmo «Mimmo» Dei gehörte…) gekauft. Aus unbekannten Gründen wurde die Pininfarina-Karosse durch einen Fiandri-Aufbau ersetzt – und der Wagen diente so viele Jahre als Schulungsfahrzeug für angehende Rennfahrer. 1970 wurde #2060 vom deutschen Hubertus Graf von Dönhoff gekauft, dem Gründervater des AvD-Oldtimer-Grand-Prix auf dem Nürburgring, der alles daran setzte, den Wagen wieder in eine Pininfarina-Berlinetta zurück zu verwandeln. Er wollte unbedingt die Karosserie von #2057 – und als er die nicht kaufen konnte, liess er in England einen Nachbau erstellen.

So weit, so gut. Doch dann gibt es da auch #2070 (Bild unten), der sein Leben als Fantuzzi-Spyder begonnen und und Anna Maria Peduzzi gehört hatte. Irgendwann gelangte dieses Fahrzeug in die Hände von Franco Lombardi, von dem wir seit einigen Zeilen wissen, dass er die Karosserie von #2057 besass. 1997 liess er das Chassis #2070 mit dem Aufbau von #2057 vermählen – und seither gibt es eine Pininfarina-Berlinetta mehr. (Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass damals gleich noch «Sicherheitskopien» entstanden. Ausserdem muss man davon ausgehen, dass der Original-Motor schon vor langer Zeit in Chassis-Nummer #2090 installiert wurde…)

Und schliesslich kommen wir noch zu #2089, der sein Leben ebenfalls als Spyder begonnen hatte, im Besitz von Francesco Giardini ab 1955 erfolgreich bei Rennen eingesetzt wurde, etwa Klassensiege bei der Mille Miglia und der Targa Florio erreichte. Irgendwann hatte er einen Unfall – und liess das Fahrzeug mit der Pininfarina-Karosserie von #2060 wieder aufbauen, die er den Scuderia Centro Sud abgekauft hatte. #2089/#2060 stand viele Jahre in der Rosso-Bianco-Collection. Und ist die sechste Berlinetta. von der es ja nur vier gab.

Text: Peter Ruch
Fotos: Archiv www.radical-mag.com

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