Fahrbericht

Renault Megane E-Tech – alles wird anders

Der Fahrbericht Renault Megane E-Tech ist ziemlich exklusiv, viele Medien hatte noch nicht das Vergnügen. Es dauert aber auch noch lange, bis der Stromer auf den Markt kommt.

Veröffentlicht am 10.11.2021

Beginnen wir doch von vorne: der erste Mégane kam 1995 auf den Markt, die zweite Serie dann 2002, die dritte 2008, die vierte 2016. Das waren alles ganz konventionelle Fahrzeuge, wichtig für Renault im C-Segment. Nie so erfolgreich wie der Golf, aber immer gut für die Bilanz und die Marge. Die aktuelle Generation wird weiterhin im Angebot bleiben, sie wurde erst gerade mit einer Plug-in-Version aufgewertet, hat als Speerspitze ja auch noch den ganz vorzüglichen R.S. (in verschiedenen Abstufungen) zu bieten.

Doch ab nächstem Frühling, wenn der neue Mégane E-Tech dann tatsächlich zu kaufen sein wird, dürften die Verbrenner-Modelle tief im Schatten des reinen Stromers stehen. Und ja, Renault geht damit ein nicht unbeträchtliches Risiko ein, beim neben dem Clio wohl bekanntesten und beliebtesten Modell (fast) alles auf eine Karte zu setzen. Der Mégane E-Tech muss am Markt funktionieren, sonst hat der ehemalige Staatskonzern ein ernsthaftes Problem.

Renault Megane E-Tech - tatsächlich nachhaltig

Nun ist es aber nicht so, dass Renault im Trüben fischt bei den Elektrikern; die Franzosen gehören zu den Pionieren auf diesem Gebiet. Der Zoe ist seit acht Jahren auf dem Markt, er ist - definitiv nicht zu Unrecht - das meistverkaufte E-Auto in Europa. Renault weiss, um was es geht. Und vor allem: wie es geht.

Der neue Renault Mégane E-Tech Electric, wie das Fahrzeug etwas sperrig heisst, verfügt deshalb über die schlankste Batterie auf dem Markt: sie ist nur gerade 11 Zentimeter hoch. Und weil die Franzosen auch sonst viel E-Erfahrung haben, haben sie diese Batterie in Zusammenarbeit mit der Feuerwehr so konzipiert, dass sie sich im Notfall gefahrlos löschen lässt. Das Ladesystem ist bi-direktional ausgelegt. Und chon vor Beginn seines Lebenszyklus ist beim neuen Mégane geklärt, wie seiner Batterie recycliert und weiter verwendet werden kann, wenn der Wagen dann einmal nicht mehr im Dienst steht.

Renault Megane E-Tech - zwei Akku-Grössen

Da darf man den Franzosen unbedingt ein Kränzchen binden, sie reden nicht nur davon, was sie dann in ein paar Jahren einmal tun werden: sie tun es jetzt schon. Das Batteriepaket, das in Zusammenarbeit mit LG entwickelt wurde, zeigt den neusten Stand der Technik. Es wird mehr Nickel und weniger Kobalt verwendet, was zu einer höheren Energiedichte (plus 20 Prozent gegenüber dem Zoe) bei einem gleichzeitig geringeren Gewicht führt (395 Kilo).

Der neue Mégane wird mit zwei Batteriekapazitäten erhältlich sein, 40 und 60 kWh, was selbstverständlich zu unterschiedlichen Reichweiten führt. 300 Kilometer sind es mit dem kleinen Akku, bis zu 470 Kilometern mit dem grossen (nach WLTP); die maximale Ladekapazität liegt bei 130 kW, was im Vergleich mit der Konkurrenz etwas dürftig ist. Selbstverständlich gibt es auch unterschiedliche Leistungen, 130 PS und 250 Nm sowie 218 PS und 300 Nm. Die stärkere Variante rennt in 7,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h.

Renault Megane E-Tech - erstaunlich kompakt

Die aktuelle Version des Mégane misst 4,36 Meter - der neue, rein elektrische Mégane kommt noch auf 4,21 Meter. Dies aber bei drei Zentimeter mehr Radstand (2,70 Meter sind es jetzt). Damit ist der Franzose vergleichbar mit dem VW ID.3, der 4,26 Meter lang ist (und über 2,77 Meter Radstand verfügt). In der neuen E-Mittelklasse ist der Renault also das kompakteste Modell - und das leichteste. Als Leergewicht werden 1624 Kilo angegeben, das ist dann gut 10 Prozent weniger als beim vergleichbaren Volkswagen. Und ja, man spürt es beim Fahren.

Was dann aber auch erstaunt: Als gerade üppig erscheinen uns die Platzverhältnisse nicht, in der zweiten Reihe ist gefühlt auch nicht mehr Platz als beim bisherigen Mégane, auch der Kofferraum ist nicht überbordend. Da fragt man sich dann schon, wo einer der Vorteile der Skateboard-Architektur, also die besseren Raumverhältnisse durch das Fehlen von Motor und Kardantunnel, geblieben sind. Eine Erklärung: der Renault ist wirklich vollgepackt mit allem, was es an Sicherheits-, Informations- und Connectivity-System gibt auf dem Markt. Wohl noch mehr als die Tesla ist der neue Mégane ein Smartphone auf Rädern. Dazu gibt es auch die volle Google-Anbindung.

Renault Megane E-Tech - langes Warten

Preise nennt Renault für den Renault Megane E-Tech noch keine. Aber man darf davon ausgehen, dass sie kundenfreundlich ausfallen werden – zu wichtig ist der Erfolg des neuen Stromers für den ganzen Konzern und seine Zukunftsstrategie. Man wird aber noch lange warten müssen, die ersten Exemplare kommen erst im nächsten Frühling zu den Händlern.

Wir durften aber schon einmal fahren, ausführlich. Selbstverständlich kann auch der Renault Megane E-Tech wie alle anderen E-Autos beeindruckend beschleunigen und geradeaus. Doch er kann auch sonst ganz gut: Man spürt gut, dass er nicht so schwer ist wie seine Konkurrenten. Das heisst: Es ist sogar so etwas wie Fahrspass vorhanden. Die Bremse ist etwas diffus, doch daran gewöhnt man sich schnell - und es kommt ja vor allem darauf an, wie schnell man aus der Kurve kommt.

Renault Megane E-Tech - gutes Gefühl

Man fühlt sich schnell wohl im Renault Megane E-Tech. Die Bedienung erfolgt intuitiver als bei den meisten Konkurrenten. Trotz kompakter Aussenmasse ist das Raumgefühl, zumindest, wenn man vorne sitzt, ausgezeichnet. Und die Ruhe im Fahrzeug passt bestens zur eher komfortablen Auslegung des Fahrwerks. Kurz und gut: ein feines Automobil ist den Franzosen da gelungen.

Die Frage ist: Wenn man nichts falsch macht, macht man dann automatisch auch alles richtig? Die Franzosen gehen mit dem Renault Megane E-Tech ein grosses Risiko ein. Und die Konkurrenz schläft ja auch nicht. Es gibt mittlerweile eine ziemlich grosse Auswahl an anständigen E-Autos - mehr davon finden Sie in der aktuellen Print-Ausgabe der «auto-illustrierte».

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