85. Geburtstag – 44. Todestag

Stumpen-Herbie – Der Gentleman-Racer

Die Schweiz hatte einige legendäre Rennfahrer. Dazu gehört auch Herbert Müller, den alle liebevoll “Stumpen-Herbie” nannten, weil er stets eine Zigarre im Mund hatte – sogar im Cockpit. Dieses Jahr wäre der Aargauer Rennfahrer 85 Jahre alt geworden. Leider starb er auf dem Nürburgring im Mai 1981.

Veröffentlicht am 04.06.2025

So einen wie Herbert Müller gibt es heute nicht mehr. Früher nannte man sie Gentleman-Racer, weil sie nicht nur schnell waren, sondern auch wahre Sportsmänner. Gefährliche Manöver kosteten damals Menschenleben, heute höchstens noch Punkte. Fairness auf dem Track war die einzige Lebensversicherung, welche die Piloten während der 1960er und 1970er Jahre, in der tödlichsten Ära der Racing-Geschichte, hatten. 

Hinterm Steuer sassen noch Persönlichkeiten – keine Athleten, höchstens Hedonisten wie James Hunt, die das Leben in vollen Zügen genossen. Wer weiss, ob es schon am nächsten Tag endet? Auch wenn das Fahren der Boliden um einiges mehr Muskelkraft und Ausdauer benötigte als heute, leisteten die Fahrer sich den Luxus, nicht asketisch zu leben. 

Stumpen im Mund 

Am lautesten gelacht über die Gefahren des Rauchens hätte “Stumpen-Herbie”. Seinen Spitznamen bekam er, weil er stets eine Zigarre im Mund hatte. Sogar im Cockpit während der Startaufstellung, habe er noch am Stumpen gezogen, erinnern sich seine Gefährten im Buch “Herbert Müller – alles zu langsam!” *. Der Privatfahrer war sehr beliebt bei allen, obwohl er immer eine grosse Konkurrenz war. Aber sein sympathischer, bodenständiger Charakter sowie seine Coolness sind bis heute legendär. 

In jeder Disziplin stark

Ob Formel-Rennwagen, Prototypen oder Langstreckenrennen: Egal, in welche Karre man ihn setzte, Stumpen-Herbie fuhr allen um die Ohren. Müllers Karriere begann in den 1960er-Jahren in der Tourenwagen- und GT-Szene, wo er schnell für Aufsehen sorgte.

Ein Highlight seiner Karriere war der zweifache Sieg beim 1000-km-Rennen auf dem Nürburgring (1973 und 1974), gemeinsam mit dem Niederländer Gijs van Lennep im Porsche 911 Carrera RSR. Auch beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans war Müller regelmässig am Start und erzielte mehrfach Top-Platzierungen. Doch ein Gesamtsieg blieb ihm verwehrt. Dafür gewann er 1974 die Interserie, das europäische Pendant zur nordamerikanischen Can-Am-Serie. Dieser Titel adelte ihn zu einem der besten Privatfahrer Europas. 

Tragisches Ende

Es war der 24. Mai 1981, als Stumpen-Herbie über die Regenbogenbrücke fuhr. Herbert Müller verunglückte tödlich beim 1000-km-Rennen auf dem Nürburgring – ausgerechnet dort, wo er seine grössten Triumphe feierte. Es kam völlig überraschend: In der ersten Runde kollidierte er bei vollem Tempo mit einem vollgetankten Pannenfahrzeug. Sein Porsche fing sofort nach dem Crash Feuer – er kam in den Flammen ums Leben. Besonders tragisch: Es sollte sein letztes Rennen sein, bevor er in “Rente” ging. Er sprang eigentlich nur als Ersatzfahrer ein.

Müllers Vermächtnis

Herbert Müller bleibt der Motorsportwelt als einer der letzten echten Gentlemen-Racer in Erinnerung, der den Motorsport lebte und liebte, ohne Allüren, ohne Gier nach Ruhm. Sein tragischer Tod markiert auch das Ende einer Ära, in der Leidenschaft, Mut und Persönlichkeit das Bild des Rennfahrers prägten. 

Text: Jürg Zentner 

Bilder: Facebook/Herbert Müller 

*Herbert Müller – «alles zu langsam!»

Geschrieben wurde das 384-seitige Werk mit 530 Fotos von Jörg-Thomas Födisch und Rainer Rossbach. Das Vorwort stammt von Marc Surer. ISBN: 978-3-947156-33-7

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