Tempo 60 kein Einfluss auf Autobahn-Stau
Das Astra hat ein 60-km/h-Tempolimit auf Autobahnen geprüft und keine klaren Auswirkungen auf die Staubildung festgestellt. Währenddessen gab es in der Schweiz so viele Staustunden wie noch nie.
Nach einer kurzen «Verschnaufpause» zu Beginn der Covid-Pandemie steigtg der Verkehr wieder stark an. Laut dem Jahresbericht des Bundesamts für Strassen (Astra) zum Verkehrsaufkommen auf Nationalstrassen erreichte der Verkehr 2022 fast wieder den Wert von 2019. Die Staustunden stiegen derweil auf den höchsten je gemessenen Wert. Im Sinne eines besseren Verkehrsflusses wurde eine Anpassung der temporären Höchstgeschwindigkeit auf 60 km/h auf Autobahnen geprüft.
«Kein klarer Beitrag für die Verbesserung des Verkehrsflusses»
Untersucht wurde, ob mit dieser Massnahme die Staubildung verzögert wird, sich Staus schneller abbauen oder nachfolgende Stauwellen verhindert werden können, wenn etwa der Verkehr flüssiger rollen könnte. Für die Untersuchung wurden nationale und internationale Stände der Wissenschaft und Technik recherchiert, Daten analysiert und Verkehrssimulationen durchgeführt (hier geht es zum Bericht). Dabei wurden laut Astra folgende Erkenntnisse gewonnen:
- «Die Recherchen haben ergeben, dass die Betreiber im Ausland wenig Erfahrung mit Tempo 60 km/h haben und es vorwiegend für die Harmonisierung der Geschwindigkeiten bei Stauereignissen oder für die Absicherung von Gefahrenbereichen einsetzen.
- Die Auswertungen von ASTRA-Zählstellen zeigten, dass die Geschwindigkeit für einen optimalen Verkehrsfluss oberhalb von 60 km/h liegt. Vor allem auf offenen Streckenabschnitten ausserhalb der Agglomerationen und mit grösseren Abständen zwischen den Anschlüssen liegt die Geschwindigkeit für einen optimalen Verkehrsdurchfluss bei etwa 80 bis 90 km/h. Literaturrecherchen bestätigen diese Erkenntnis.
- Verkehrssimulationen zeigten zudem, dass mit einer Reduktion der Geschwindigkeit auf 60 km/h im Normalbetrieb kein klarer Beitrag für die Verbesserung des Verkehrsflusses erreicht werden kann und dass ihre Wirkung auf die Erholung der verkehrlichen Situation nach der Staubildung begrenzt ist.»
Auf Anfrage der auto-illustrierte teilte das Astra mit, dass das Thema temporäre Geschwindigkeitsbeschränkungen auf 60 km/h auf Autobahnen damit nicht weiter untersucht würde. Ausnahmen gibt es etwa bei Baustellen.
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22,7 Prozent mehr Stau als im Vorjahr
Der Verkehr nahm 2022 um 6,7 Prozent zu, insgesamt wurden 29,3 Milliarden Fahrzeugkilometer zurückgelegt. Insgesamt standen Schweizerinnen und Schweizer 39'863 Stunden im Stau. Das bedeutet eine Zunahme von erstaunlichen 22,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr und ist der höchste je gemessene Wert. Die Nationalstrassen sind damit derart hoch belastet, dass bereits kleine Störungen zu langen Staus und viel Ausweichverkehr auf Nebenstrassen führen. Über die Hälfte der Staustunden entfielen übrigens auf die Regionen Zürich/Aargau, Basel, Bern/Solothurn, Genf, Luzern und das Tessin.
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Dass der Staubildung entgegengewirkt werden muss, ist also klar. Zur Verbesserung des Verkehrsflusses sollen «Verkersmanagement-Anlagen» weiter ausgebaut werden. Das bedeutet die temporäre Anpassung der Höchstgeschwindigkeit, Nutzung der Pannenstreifen, die Verkehrsdosierung auf Autobahneinfahrten sowie die stetige Optimierung dieser Steuerungen. Bei hohem Verkehrsaufkommen ist die Wirkung dieser Massnahmen aber erkennbar zu gering. Deshalb sieht das Astra punktuelle Ausbauprojekte vor. Bis 2030 sollen vor allem in städtischen Agglomerationen der Verkehrsfluss verbessert und die Staubildung minimiert werden.
Text: Moritz Doka
Bilder: ai-Archiv
Quelle: Astra