Klassiker

Toyota Sports800 - der Vorreiter

Mit den Gazoo-Racing-Modellen wirkt Toyota derzeit massiv seinem Biedermann-Image entgegen. Der Toyota Sports800 stand schon Mitte der 60er Jahre für viel Fahrspass.

Veröffentlicht am 05.05.2022

In Japan dauerte es nach dem 2. Weltkrieg seine Zeit, bis die Automobil-Produktion wieder Schwung aufnahm. Denn die Ressourcen waren knapp, vor allem Stahl war Mangelware. Anfang der 60er Jahre lockerte die japanische Regierung die Weisung an die Hersteller, nur Limousinen und Lastwagen zu bauen. Und so begannen der Flugzeug-Konstrukteur Tatsuo Hasegawa und der Designer Shozo Sato mit der Konstruktion eines Modells, das als erster Sportwagen von Toyota in die Geschichte eingehen sollte.

Der erste «Targa»

Dass es ein kleines, leichtes, aerodynamisches Fahrzeug werden würde, das war bei dieser Konstellation klar. 1962 wurde ein erster Prototyp, Publica Sport genannt, erstmals auf der Tokyo Auto Show gezeigt. Besonders seine Dachkonstruktion sorgte für Aufsehen, es liess sich für den Einstieg in das winzige Gefährt aufschieben. Diese Konstruktion wurde für die Serienproduktion, die 1965 anlief, allerdings nicht übernommen, dafür erhielt der Sports800, wie der Wagen getauft wurde, das wohl erste herausnehmbare Dach der Welt (Porsche kam erst zwei Jahre später mit der ähnlichen Konstruktion auf den Markt).

Der Publica Sport von 1962 wurde von einem gebläsegekühlten 2-Zylinder-Boxer-Motörchen mit Leichtmetall-Zylinderkopf angetrieben, das 28 PS stark war. Ein grösserer Motor hätte gar nicht unter die sehr flach verlaufende Motorhaube gepasst. Für die Serienversion, 3,58 Meter lang, 1,465 Meter breit, 1,176 Meter hoch, Radstand 2,20 Meter, wurde der Hubraum auf 790 ccm angehoben. Die Leistung stieg dank einer schärferen Nockenwelle und zwei Einzelvergasern auf beachtliche 45 PS bei noch bescheidenen 5400/min.

Dann auch mit Sitzen

Damit war der dank der Verwendung von diversen Alu-Bauteilen nur gerade 560 Kilo schwere Toyota dann etwa 160 km/h schnell und liess sich in 13,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigen. Das war damals, Mitte der 60er Jahre, ziemlich grandios, ein Porsche war auch nicht viel schneller. Zwischen 1965 und 1969 wurden, wahrscheinlich, 3131 Exemplare gebaut, dies aber nicht bei Toyota, sondern bei den «Kanto Auto Works». Über die Jahre gab es auch einige technische und optische Anpassungen, ab 1966 gab es anständige Sitze (die ersten Modelle hatten bloss Sitzschalen als Aluminium), ab 1967 war der erste Gang synchronisiert.

Etwa 300 Exemplare wurden auch mit Linkslenkung ausgeliefert, einige davon wurden auch in die USA gebracht, doch nach ausführlichen Testfahrten sah Toyota davon ab, den Wagen in den USA anzubieten. In Japan betrug der Neupreis 595’000 Yen, das soll ziemlich viel gewesen sein. Erstaunlich eigentlich, dass Toyota das Projekt Sports800 nicht intensiver verfolgte, denn viele kleine Sportwagen gab es damals nicht. In Europa waren nur die Zwillinge Austin-Healey Sprite/MG Midget sowie der Fiat 850 Spider kommerziell einigermassen erfolgreich.

Fast gewonnen

Man geht davon aus, dass nur etwa 10 Prozent der Sports800, die in Japan «Yota-Hachi» (auf deutsch etwa: Toyota 8) genannt werden, bis heute überlebt haben. Das Exemplar, das auf den Bildern hier zu sehen ist, kam auf abenteuerlichen Wegen in die Schweiz. 1988 war der Sports800, Jahrgang 1966, nach Europa gebracht worden, um an einem Treibstoff-Sparwettbewerb teilzunehmen – und, wenn möglich, auch einen Eintrag ins «Guinness-Buch der Rekorde» zu schaffen.

Neben einigen japanischen Zeitungen trat auch der Reifen-Hersteller Continental als Sponsor auf, deshalb wurde das Fahrzeug gelb lackiert. Auf einem 8000 (!) Kilometer langen Parcours wurde der Toyota quer durch Britanien gefahren und soll dabei einen Schnitt von rund 4 Litern auf 100 Kilometern erreicht haben. Das reichte zwar weder für den Sieg noch für den Eintrag ins «Guinness-Book», den schaffte ein Diesel, doch es war trotzdem eine tapfere Leistung des kleinen Japaners.

Ein Engländer?

Das Fahrvergnügen ist erfreulich gross. Der kleine Boxer hat schon bei tiefen Drehzahlen ausreichend Kraft – die Bauweise des Motors hilft da. Und natürlich auch das geringe Gewicht. Das 4-Gang-Getriebe lässt sich über den kurzen Schaltstock ganz einfach bedienen, da schaltet man gerne, dreht den kleinen Zweizylinder nicht aus. Auch das Fahrwerk – vorne Dreieckquerlenker und Torsionsstab-Federung, Kurvenstabilisator, hinten Starrachse mit Halbelliptik-Federn – ist mehr als nur anständig, da kann man durchaus längere Strecken ertragen. Die vier Trommelbremsen kennen keinerlei Probleme mit dem geringen Gewicht des Fahrzeugs. Der Wendekreis beträgt gerade einmal 4,3 Meter.

Der Schweizer Besitzer erzählt, dass er auf der Strasse oft von Fahrern englischer Sportwagen gegrüsst wird, die wohl das Gefühl haben, einem der ihren zu begegnen. Doch es muss klar gesagt werden, dass der Sports800 für die damalige Zeit ziemlich unvergleichlich war, dass Hasegawa und Sato ein absolut eigenständiges Design geschafft hatten – man kann auch erkennen, von welchem Fahrzeug der ebenfalls 1965 vorgestellte 2000GT inspiriert war. Und ja, dieser kleine Sportwagen hat das Konzept des neuen GR86 vorweggenommen, Boxer-Motor, Heckantrieb, hohe Agilität – und vor allem die Konzentration auf das Wesentliche, nämlich auf die reine Fahrfreude.

Text: Peter Ruch
Photos: Wale Pfäffli

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