Thekengespräch mit einem Insider

Trump, Zölle und die deutsche Autokrise

Neulich sass ich wieder mit einem alten Bekannten bei einem Bier zusammen. Er ist schon länger in der Autoindustrie tätig und scheint oft ein bisschen mehr zu wissen, als er offiziell sagen dürfte. Also fragte ich ihn direkt: „Wie gross ist jetzt eigentlich die Panik in der deutschen Autoindustrie, seit Trump wieder im Weissen Haus sitzt?“

Veröffentlicht am 02.02.2025

Er stellte sein Glas ab, grinste und schüttelte den Kopf. „Panik? Naja, ich würde eher sagen, dass da nun hochbezahlte Manager deutscher Automobilkonzerne in ihren Büros ziemlich nervös Fingernägeln kauen. Da das Geschäft in China nahezu als verloren angesehen werden kann, hatte man wenigstens noch den Markt in Amerika, wohin man ein paar Autos schippern konnte. Nun zieht Trump zurück ins Weisse Haus und setzt genau das um, was er immer gesagt hat: America föörst und neue Strafzölle für alles andere. Der rund 25-Prozent-Aufschlag auf Autos aus Mexiko und Kanada ist schlicht ein Desaster.“ Ich runzelte die Stirn. „Sprechen wir hier wirklich vom Ende der deutschen Autobranche?“

Das Problem liegt tiefer

Er winkte ab. „Quatsch, untergehen wird sie nicht. Aber die ganz fetten Jahre scheinen endgültig vorbei. Jahrzehntelang hat man auf den chinesischen Markt gesetzt, manche Autos wurden extra für den Asienmarkt entwickelt – das muss man sich mal vorstellen! Gleichzeitig hat man die europäischen Kunden eher halbherzig bedient als aktiv umworben. Europa? Fast schon Nebensache. Zu wenig Gewinn, zu altmodisch, nicht aufregend genug. Man hat stattdessen riesige Autos gebaut, mit unnötigen Spielereien vollgestopft und sich eingeredet, das sei die Zukunft.

Vollständig das Heft aus der Hand gegeben hat man dann mit der politisch motivierten Elektrowende. Blöd halt, dass die Chinesen gelernt haben, ihre eigenen Autos zu bauen – günstiger und in manchen Fällen sogar besser. Ein Auto in einen fahrenden Laptop zu verwandeln, ist scheinbar schwieriger, als einem Laptop einen Satz Räder zu spendieren. Genau das können sie im Land der aufgehenden Sonne – mit der besten aller Herangehensweisen, der Trial-and-Error-Philosophie. Wenn viele Marken irgendwelche Autos bauen, da wird schon irgendwann was Brauchbares dabei sein. Und wenn es doch mal ein Versagen geben sollte, schickt man der hinterbliebenen Familie einen Blumenstrauss, behebt das Problem und macht weiter. Und jetzt gucken die deutschen Hersteller mit ihrer riesigen Kostenstruktur ziemlich bedröppelt aus der Wäsche und haben keinen Plan, wie es weitergehen soll.“

Zwischen Politik, Arroganz und falschen Annahmen

Ich dachte über seine Worte nach. „Also hat man sich das Problem selbst eingebrockt?“ Er nickte. „Mit tatkräftiger Unterstützung von Politikern, die wohl schlecht beraten wurden. Manche Entscheidungen sollte man wirklich mehr uns Ingenieuren als den bornierten Juristen überlassen. Die EU hat immer schärfere Gesetze rausgehauen, besonders bei den CO2-Flatulenz-Vorschriften, und dabei ignoriert, ob das überhaupt den gewünschten Effekt erbringt. Was brauchen die Leute wirklich? Was schafft Arbeitsplätze, und mit welcher Entscheidung riskieren wir deren Jobs?

Am Ende entschied, wie immer, der Käufer. Und der hat sich nicht einfach nach den Vorgaben der Hersteller gerichtet. Die wollten erschwingliche, praktische Autos, keine überteuerten Drei-Tonnen-Elektro-SUVs mit 200 Kilo Software, die nach einer kurzen Fahrt auf der Autobahn erst mal wie ein Junkie eine freie Ladestation suchen müssen, um sich dann 40 Minuten lang Strom in die Venen zu fixen.

Steckermodelle bauten die Chinesen dann mal kurzerhand selbst, und hierzulande blieben die Hersteller auf ihren Elektroschockern sitzen. Sogar das junge Unternehmen Tesla nahm den etablierten Herstellern in kürzester Zeit die Wurst vom Brot. Richtig deutlich wurde es dann mit dem Wegfall der E-Auto-Förderung. Seitdem setzen die teuren Stecker-Modelle bei den Händlern Rost an. Das hätte man vorhersehen können – hat aber keiner. Und jetzt bekommen die letzten Fahrzeuge, die man noch ins Ausland exportieren könnte, Strafzölle obendrauf.“

Ich grinste. „Also haben die Manager über Jahre das falsche Spiel mitgespielt und sich dann gewundert, dass die Kunden nicht mitmachen?“ Er lehnte sich zurück. „Jup, genau. Und jetzt, wo die Realität zuschlägt, sind sie völlig ratlos. Man hat gespart, wo es nur ging, Boni kassiert und dabei gehofft, dass es nicht noch schlimmer wird und die Kunden endlich anfangen, den produzierten Mist zu kaufen. Tun sie aber nicht, und die Welt dreht sich trotzdem weiter. Jetzt kommt Trump, rülpst plötzlich sein Lieblingswort «Zölle» in jedes Mikrofon, und alle tun so, als käme das aus dem Nichts.“

Gibt es noch Hoffnung?

Ich seufzte. „Hört sich an, als würde es langsam eng werden. Gibt es überhaupt noch einen Ausweg?“

Er zuckte mit den Schultern. „Das kann ich Dir beim besten Willen nicht beantworten. Fakt ist: Es muss sich definitiv etwas ändern. Jetzt, nicht morgen. Und vor allem muss der Schuss wirklich sitzen. Manche Hersteller könnten wohl etwas länger durchhalten, um eine zweite Chance zu bekommen – andere definitiv nicht. Sie müssen endlich wieder das bauen, was die Leute wirklich wollen. Keine überladenen Prestigeobjekte, sondern clevere, effiziente Autos, die in den Alltag passen.

Das soll nicht heissen, dass Elektroautos das nicht auch sein können. Ein paar Lichtblicke gibt’s ja: Der neue Renault 5? Interessant. Der kleine Fiat Grande Panda? Möglich. Skoda Elroq? Könnte sogar als Erstauto funktionieren – je nach Familie und Aktionsradius. Doch dazu muss dringend die Ladeinfrastruktur verbessert und vereinfacht werden. Aber ob für die meisten Haushalte ein elektrisches Auto wirklich Sinn macht? Fraglich. Auch ein Verbrenner kann effizient sein. Damit meine ich sogar die Zuffenhausener. Die bauen 500-PS-Autos, die trotzdem nur neun-komma-irgendwas l/100 km verbrauchen. Auch das ist Effizienz, also warum diese Leute und Fahrzeuge pauschal verurteilen? Kleine leichte Fahrzeuge lassen sich auch mit wenig Sprit bewegen, wenn sie nicht mit allerlei Connectivity und sonstigem Firlefanz vollgepackt werden. Egal, wie wir es drehen: Die Politik muss das Verbrenner-Aus überdenken.“

Ich hob eine Augenbraue. „Meinst Du, die machen wirklich nochmal die Rolle rückwärts? Und was ist mit der Umwelt?“ Er lachte. „Oh Mann, und wie sie das müssen! Amerika schaut auf sich. China flutet den Markt mit ihren Autos, koste es, was es wolle. Wollen wir in Europa also ernsthaft die Welt im Alleingang retten? Und dafür Arbeitsplätze, unser Wirtschaftssystem und unser aller Existenzen riskieren? Klar, wir werden in Zukunft alle kleinere Brötchen backen müssen. Aber ein Umdenken muss bei allen stattfinden – vom einfachen Arbeiter bis zur der adretten Präsidentin der Europäischen Kommission.“

Ich hob mein Glas. „Und wenn nicht?“ Er lachte. „Dann haben wir wohl bald alle keine Jobs mehr – und müssen dann ja eh nirgendwo mehr mit dem Auto hinfahren. Dann bleibt uns nur noch, den ganzen Tag hier zu sitzen und Bier zu trinken.“

Text: GAT
Fotos: KI

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