Technik

Wenn die Akku-Chemie nicht mehr stimmt

Dass sich Kälte und Hitze auf die Reichweite von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen auswirkt, ist hinlänglich bekannt. Vor allem Kälte macht den Autos zu schaffen, bis zu 35% der Kapazität wird bei winterlichen Temperaturen (je nach Modell) verlustig, aber warum ist das so?

Veröffentlicht am 13.01.2023

Chemische und physikalische Reaktionen im Inneren der Akkus beeinflussen die Energiebilanz massgeblich. Ist der Akku kalt, laufen dessen Energieprozesse langsamer ab, chemische Reaktionen werden bei Kälte gehemmt, es entstehen ungewollte Widerstände. Auch produzieren Elektromotoren im Gegensatz zu Verbrennern keine Abwärme, welche zum Aufheizen des Innenraums genutzt werden kann. So wird der Energiespeicher noch zusätzlich belastet, vor allem, wenn es keine Wärmepumpe gibt. Schliesslich möchten die Passagiere bei gewohnten und angenehmen 22.5 Grad Celsius fahren.

Wer friert, verliert. 

Dieses Prinzip und die daraus gegebenen Nachteile für die Reichweite von Elektroautos im kalten Winter lassen sich jedoch nicht verallgemeinern beziehungsweise auf jedes Auto ableiten. Hier spielen die individuellen Alltagsbedingungen eine grosse Rolle, so zum Beispiel die jeweiligen Beschleunigungszyklen, die Topografie der Umgebung oder eben auch, ob der Fahrer sich bei 20 oder erst bei 25°C wohlfühlt.

Keine wirklichen Gewinner

Recurrentauto in den USA haben verschiedene Modelle unter realen Bedingungen in jeweils zwei Temperaturumgebungen getestet. So wurde festgestellt, dass zum Beispiel ein Audi e-tron Sportback bei minus sechs Grad Celsius nur rund 8% seiner Reichweite verliert, im Vergleich zu derselben Fahrstrecke bei 20°C. Der Jaguar I-Pace verlor sogar nur 3%, was als Top-Wert gilt.

Keine News verpassen mit der auto-illustrierte im Abo!

Die Schlusslichter bildeten die Modelle ID.4 von VW (-30%), der Ford Mustang Mach-E (-30%) und der hierzulande nicht erhältliche Chevy Bolt (-32%). Die auch bei den Schweizer Käufern beliebten Modelle von Tesla mussten in der Kälte Reichweiteneinbussen von 15-19% hinnehmen.

Der Subaru Solterra im ausführlichen E-Test - Jetzt in der neuen Ausgabe der ai nachlesen! 

Und auch beim Aufladen zeigen sich Unterschiede. So haben auch wir im Testbetrieb die Erfahrung gemacht, dass bei Minustemperaturen der Ladevorgang nur zäh in die Gänge kommt. Vorteile dabei ergeben sich nur, wenn die Batterie vor dem Ladevorgang möglichst intelligent vorgeheizt wird (modellabhängige Vorkonditionierung). Jedoch, auch dies verbraucht unter Umständen wieder wertvolle Akkukapazität und mindert unter dem Strich die Reichweite.

Hochvoltbatterien mögen es gerne warm

Natürlich sind diese Werte mit Vorsicht zu geniessen, da die Fahrzeuge nicht eins zu eins vergleichbar sind. Und die US-Norm EPA, nach welcher die Reichweiten ermittelt werden, ist deutlich strenger als unsere WLTP-Norm. Dennoch zeigen die Tests deutlich, dass ein kalter Akku in seiner Leistungsabgabe zur Lethargie neigt, sobald die Temperaturen fallen. Dies resultiert dann in dem einen oder anderen zusätzlichen Ladestopp. Ein Malus, welchen man als Nutzer eines E-Fahrzeuges aber sicherlich gerne in Kauf nimmt. Denn dafür entfällt das Warmfahren und die Wartezeit beim Heizen im Gegensatz zum Verbrenner.

Text: Markus Kunz
Bilder: Markus Kunz, Wikimedia Commons
Quelle: Recurrentauto

<< Zurück zur Übersicht

Das könnte Sie auch interessieren: