Würdige Preisübergabe in kleinem Rahmen
Erstmals wurde der Swiss Classic Award, der Auszeichnung für besondere Leistungen für das historische Fahrzeug, im autobau Romanshorn vergeben. Vorjahresgewinner des Lifetime Awards und Gastgeber Fredy Lienhard hatte dazu eingeladen. Wesentlich kleiner als ursprünglich geplant, fand die dritte Ausgabe des vom 31. Oktober auf den 27. November verschobenen Anlass in einem würdigen Rahmen statt.
Drei vom Publikum online gewählte und ein von der Jury bestimmter Kandidat kommen beim Swiss Classic Award in die Kränze. Heuer wurde erstmals der Lifetime Award direkt vergeben, der Modus der Nominierungen hat man fallen gelassen. Ein guter Entscheid, führte das alte Verfahren doch eher zu Enttäuschungen statt guter Stimmung bei der Preisübergabe. Und an dieser hat es nicht gefehlt in Romanshorn. Zwar ist der Apéro in der Autobau Erlebniswelt Romanshorn des Motorsportförderers, Autoenthusiasten und Unternehmers Fredy Lienhard wegen den strengen Vorschriften entfallen, an den Vierertischen hingegen sorgten angeregte Gespräche für regen Austausch und die Erkenntnis, dass richtige Kontakte durch nichts zu ersetzen sind. Manch eine(r) stellte zudem erstaunt fest, wie lange man sich in diesem seltsamen Jahr nicht mehr gesehen habe. Durch den Abend führte Dino Graf, PR Chef der AMAG.
Einblicke auf den Viernockenwellenmotor des Porsche 906 statt Cüpli zum Einstieg in den Abend. Den Corona-bedingten Entfall des Apéros liess sich leicht verschmerzen.
Door-Opener, Innovation und Rookie
Sich um das historische Fahrzeug verdient machen, dies wird vom Swiss Classic Award belohnt. Die drei Publikumspreise widmen sich drei Ebenen, auf denen dies geschehen kann: An der Basis, mit Anlässen für eine breite Bevölkerung. Also auch für jene, die nicht zwingend direkt mit historischen Fahrzeugen unterwegs sind, bei der Entwicklung neuer Ideen und Verfahren, die dem historischen Fahrzeug zugute kommen und zu guter Letzt auch bei der Förderung des Nachwuchses.
In der Kategorie Door Opener stach der GP Mutschellen beim online-Voting die zwei weiteren nominierten, das British Car Meeting in Morges und die Moto Rétro in Bière aus. Der Preis nahm Stefan Baur, Präsident des Vereins GP Mutschellen entgegen. Die Veranstaltung war 2004 der Idee eines Rahmenprogramms der örtlichen Gewerbeausstellung entstanden. Heute ist der GP eine der grössten Klassik-Veranstaltungen im Raum Zürich.
Jurymitglied und Garagistin Maja Guetg übergibt den Door-Opener Award Stefan Baur, Präsident des Vereins GP Mutschellen.
Innovationen in Sachen Klassiker, sie sind sehr wohl möglich. Und neue Ideen beim Erhalt alten Kulturguts sind stets gefragt. Die nominierten Kandidaten IgFS (Intressengemeinschaft Fahrzeugrestauration Schweiz) oder die On-Line Verkaufsmesse, Classics to Click mussten im direkten Voting-Wettstreit am Ende das Feld der Kompass AutoWerkstatt in Bischofszell überlassen. Der institutionelle Betrieb unter Leitung des Vereins Kompass stellt Dienstleistungen für die Fahrzeugrestauration professionellen Garagen zur Verfügung und beschäftigt dazu Menschen, die in den Arbeitsprozess wiedereingegliedert werden sollen.
Joachim Brunnschweiler vom Verein Kompass freut sich über den Innovation Award. In der Kompass-Werkstatt finden Berufsleute zurück ins Arbeitsleben, während sie klassische Autos restaurieren.
Der Rookie Award kommt jungen Ideen, Betrieben und Gruppierungen zugute, die das Thema historisches Fahrzeug über die Generationen hinweg fördern oder zugänglich machen.
Zur Wahl standen die Brooklyn-Garage in Oberrieden, die besonders mit dem Lake-Cruise diesen Sommer für Furore gesorgt hat, der Corona-konformen Umrundung des Zürichsees, an der zahlreiche Klassiker teilgenommen haben. Sara’s Garage ist ein reiner Frauenbetrieb, der sich besonders mit Arbeiten an klassischen Autos und Amerikanerwagen in kurzer Zeit einen Namen gemacht hat. Die Wahl für sich entschieden hat jedoch die Facebook-Gruppe «Alte Tankstellen und Garagen der Schweiz». Gründer Beat Schmitz Anliegen war es, dem Verschwinden vieler alter Tankstellen und anderer Auto-bezogener Infrastruktur ein Gefäss entgegen zu setzen, wo jeder mit Bildern und Anekdoten die Vergangenheit dokumentieren kann. Anders als beim Fahrzeug selber, ist es oft nur das Bild, das diesen wichtigen, ergänzenden Teil der Strassenverkehrsgeschichte zu bewahren vermag.
Rookie Award für die Dokumentation alter Infrastruktur rund um den Strassenverkehr: Der Gründer der Facebook-Gruppe «Alte Tankstellen und Garagen der Schweiz» Beat Schmitz nimmt von Jurymitglied und ai-Redaktor Martin Sigrist den Preis entgegen.
Lifetime Award für die grösste Veranstaltung ihrer Art
Keith Wynn’s erstes Meeting für britische Klassiker soll gerade einmal 25 Autos zusammen gebracht haben. Beim British Car Meeting in Morges 2019, der letzten Austragung des heuer aus bekannten Gründen abgesagten Treffens, haben rund 1500 Autos und knapp 20'000 Besucherinnen und Besucher das Städtchen am Genfersee besucht. In seiner Art ist es das grösste Treffen von Fahrzeugen aus dem Vereinigten Königreich auf dem Europäischen Kontinent – ein Magnet auch für Brit-Cars-Enthusiasten der umliegenden Länder.
Da der Preisträger am 27. November nicht in Romanshorn zugegen sein konnte, wurde der Award – die Statuette «Beatrice», Italienisch ausgesprochen – dem Jurymitglied und Vertreter der Romandie, Norbert Wicht von Vorjahresgewinner Fredy Lienhard übergeben.
Gastgeber und Preisträger 2019, Fredy Lienhard übergibt Jurymitglied Norbert Wicht den Lifetime-Award für Keith Wynn. Der Gründer des British Car Meeting von Morges konnte nicht persönlisch teilnehmen. Die Laudatio sprach Urs P. Ramseier (links).
Damit würdigt die Jury des Swiss Classic Award, der Lifetime Award ist ein Jurypreis, erstmals die reiche Klassik-Szene in der Romandie.
Eine kleine Veranstaltung zwar, aber ein wichtiger Anlass und ein Zeichen, dass das historische Fahrzeug in der Schweiz wohlauf ist und – da waren sich alle einig an diesem Abend – noch lange fahren soll. Die Veranstalter sind sich sicher, dass die vierte Austragung 2021 wieder in einem grösseren Rahmen wird stattfinden können.
Text: Martin Sigrist
Fotos: Swiss Classic Award