Bentley Flying Spur Hybrid – Entspannter gleiten
Mit dem Flying Spur Hybrid stellt Bentley sein zweites Modell mit E-Motor vor – ein weiterer Schritt in Richtung Elektrifizierung. Wie er sich fährt lesen Sie hier.
Bentley lebt vom Mythos seiner Motoren. In den vergangenen Jahren haben die Briten mehr Zwölfzylinder verkauft als alle anderen Hersteller zusammen. Vergangenes Jahr griffen rund 20 Prozent der Bentley-Kunden zum stärksten Triebwerk aus Crewe – fast 3000.
Alles mit der Ruhe
Dass das nicht so weitergeht, wissen die Jungs und Mädels von Bentley.
Mit ihrer Strategie «Beyond100» wollen die Briten daher in den nächsten Jahren führend bei der Nachhaltigkeit im Luxussegment werden. Nach dem Bentayga erhält nun der Flying Spur einen zusätzlichen E-Antrieb, weitere Modelle werden folgen. Vergangenes Jahr, übrigens das beste in der Firmengeschichte, griffen schon 20 Prozent der Bentayga-Kunden zum Hybrid. 2025 soll erstmals nur ein E-Motor einen Bentley antreiben, bis 2030 werden alle Modelle mit Strom fahren.
Nun kombiniert Bentley beim Flying Spur einen Sechszylinder mit einem E-Motor. Der V6 leistet dank zweier Turbos 416 PS, die E-Maschine 134 PS. Bentley wählt hier ein anderes Konzept als beim Bentayga Hybrid, der einen V6 mit 3,0-Liter Hubraum und einem Turbolader besitzt. Mit einer Systemleistung von 544 PS und einem Drehmoment von 750 Nm liegt der Hybrid bei der Leistung mit dem 4,0-Liter-V8 fast gleichauf.
Im rein elektrischen Betrieb verringern sich die Geräusche um die Hälfte, der Bentley schwebt nahezu lautlos über die Strasse. Allerdings nur rund 40 Kilometer weit, dann muss der Akku wieder an die Steckdose. Bentley verargumentiert die kurze Reichweite mit dem Nutzungsverhalten seiner Kunden, abgeleitet vom Bentayga Hybrid. Danach fahren Besitzer damit nur rund 20 Kilometer am Tag, dabei 90 Prozent rein elektrisch. Die 14,1 kWh kleine Batterie mit 380 Volt lädt sich dafür innerhalb von 2,5 Stunden voll. Schaltet sich der Verbrenner zu, gleitet der Flying Spur bis zu 730 Kilometer weit mit einer 80-Liter-Tankfüllung.
Dezent verfeinert
Nach dem Start fährt der Flying Spur im Hybridmodus elektrisch an, schaltet bei starker Beschleunigung oder hohem Tempo automatisch und dezent den Verbrenner zu. Man muss schon auf den Drehzahlmesser achten, um den Wechsel zu erkennen – zu spüren ist er beim entspannten Fahren nicht. Nur bei sportlicher Fahrweise meldet sich der V6 unter der Haube mit leisem Grummeln und Vibrationen, bläst bei geöffnetem Wastegate-Ventil satt und zischend Luft ab. Von 0 auf 100 km/h spurtet die 2,5-Tonnen-Limousine in 4,3 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 285 km/h.
Understatement zählt bei Bentley zur Firmenphilosophie, auch beim Hybrid. Im Vergleich zu konventionellen Antrieben unterscheidet sich das neue Modell äusserlich nur durch den dezenten Badge an der Seite und die Ladeklappe für den Stromanschluss. Öffnet sich die Tür, erklärt die Einstiegsleiste die Antriebsart.
Im Innenraum muss sich ein Flying-Spur-Fahrer nicht umstellen. Armaturen, Bedienung und Infos gleichen dem der Verbrenner. Lediglich an den Zusatztasten in der hinteren Mittelkonsole lässt sich der E-Antrieb steuern. Im EV-Modus bleibt der Brite rein elektrisch, im Hold-Modus spart er seinen Strom für später auf, wie für innerstädtische Umweltzonen. Chefingenieur Steve Jones integrierte mit seinem Team ausserdem einen speziellen und sehr dezenten E-Sound und implementierte im Navi Informationen zu Ladesäulen und Umweltzonen.
Aber warum?
Wie bei den konventionellen Antrieben legt Bentley weiterhin viel Wert auf einen opulenten Innenraum mit viel Leder, hochwertigen Schaltern und Reglern sowie eine astreine Verarbeitung. «Bentley muss weiterhin ein kompromissloses luxuriöses Produkt bleiben, unabhängig vom Antrieb», sagt Produktionsvorstand Peter Bosch. Warum Bentley den V8-Hybrid-Antrieb mit immerhin 680 PS der Konzernschwester Porsche nicht übernommen hat, verrät er nicht. Damit wären die Briten nicht nur innerhalb des Konzerns an die Leistungsspitze getreten, sondern hätten ein echtes Statement gesetzt. Allerdings wären sie dann dem V12 mit 630 PS sehr nahegekommen.
Bilder: Bentley
Text: Fabian Hoberg