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Clarksons Karriere auf Messers Schneide

Jeremy Clarksons Karriere scheint beendet. Eine unbedachte Äusserung über die Herzogin von Sussex Meghan kosten ihn wohl Arrangements mit der britischen Sun und Amazon Video.

Veröffentlicht am 18.01.2023

Man kann Clarkson hassen oder lieben. Ich muss gestehen, ich mag Jezza. Ich mag seine Texte und Bücher, jene über die Faszination der Maschine und ganz besonders jenes, in welcher er beschreibt, dass er in einer bestimmten Nacht aus Versehen David Beckham erschossen hat. Anekdote; David Beckham war eines seiner Hühner, welches er für einen Fuchs gehalten hat.

Clarkson hat eine Menge für die Wahrnehmung des Autos getan. Nicht nur, dass er in den Bildschirmformaten Top Gear und The Grand Tour mit seinen Gefährten James May und Richard Hammond eine stabile Brücke zwischen Autos und bildgewaltiger Unterhaltung geschlagen hat, er hat seine Welt rund um das Automobil auch in seiner literarischen Form dem Nicht-Petrolhead nähergebracht. Manchmal virtuos, manchmal politisch unkorrekt und oftmals provokativ. Nichtsdestotrotz, unterhaltsam und vor allem, very british.

Aber, seine Sterne stehen gerade nicht sehr gut. Eine von Jeremys Kolumnen in der britischen «Sun» ist komplett entgleist. Nicht nur inhaltlich, sondern auch sozialmedial. Er hat sich den Unmut vieler eingebrockt, indem er darüber fantasierte, dass die Gattin von Prinz Harry, Herzogin Meghan von Sussex, durch die Strassen Englands getrieben und dabei mit Exkrementen beworfen werden sollte. Die Ironie an der Geschichte: sein fantasierter Shitstorm wurde damit zur Realität für ihn selbst. 

Man ist versucht, seine Entschuldigungen auf Social Media anzunehmen. Dass er vergessen hatte, den Bezug zu einer Szene zu Game of Thrones zu erwähnen, was seine Aussage aber irgendwie auch nicht relativiert. Dass es ihm leid tue. Und dass er kein Sexist sei. Aber das hilft alles nix mehr und er müsste es eigentlich am besten wissen. Die Enter-Taste ist heutzutage mächtiger als das Schwert und sie will mit Bedacht gedrückt werden. Gerüchten zufolge hat Amazon die Verträge für «The Grand Tour» und «Clarkson’s Farm» gekündigt, die letzten Folgen sollen 2024 auf der Streamingplattform online gehen. Ein offizielles Statement dazu steht noch aus. 

Fakt ist, dass Clarkson seine Reputation nun wohl nicht mehr - oder noch einmal - retten kann. Jene, des prototypischen Petrolheads. Jene eines spitzfindigen, wortgewandten und emotionalen Enthusiasten. Vielleicht wegen mangelnden Korrektorats. Oder wegen etwaiger Narrenfreiheit. Und vielleicht auch deswegen, weil Jeremy in der Szene als «godlike» wahrgenommen wurde. Definitiv aber, weil sich Clarkson nicht nur zünftig im Ton vergriffen hatte, sondern auch in einem Thema, welches doch so gar nicht seins sein sollte.

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Clarksons Karriere war bis heute mehr als beeindruckend. Und seine Sicht der Dinge hat die Anforderungen an den klassischen Automobiljournalismus zumindest ein wenig entstaubt. Er hat die Wahrnehmung von dummen, sinnlosen und vor allem emotional konzipierten Autos über die letzten 30 Jahre mehr als geprägt und so manches Thema britisch kritisch hinterfragt. Dass er jetzt wegen einem einzigen von über 5000 geschriebenen Artikeln ins Aus befördert wird, ist ihm zum grössten Teil selbst zur Last zu legen und nicht mehr zu verzeihen. Dennoch, es mag wohl das Beste sein, wenn er sich freiwillig in den selbst auferlegten Ruhestand als Opa seines auf dem Weg befindlichen Enkelkindes befördert. 

Machs gut Jezza! Und hör bitte auf, ins Dunkle zu schiessen.

Text: Markus Kunz

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