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Pontiac und die Legende der Ziege

Also Pontiac den GTO lanciert hat, war man nicht nur bei Ferrari in Aufruhr. Schliesslich hatten die Italiener sowas wie ein Namensrecht auf diese drei Buchstaben und signalisierten ihre Beleidigung. Das hat John DeLorean, seines Zeichens Vater des GTO, nicht wirklich gestört. Er hatte gekriegt, was er wollte.

Veröffentlicht am 27.05.2023

Die 60er Jahre der amerikanischen Automobilindustrie hatten etwas von einem Zoo, da waren Vögel, Raubkatzen, Pferde, Stachelrochen, Raubfische und eben auch, die Ziege - The Goat. Warum aber ausgerechnet bei dem ersten, zumindest kommerziell vermarkteten Muscle Car ausgerechnet der Name eines meckernden, streng riechenden und auch nur minder gefährlichen Streichelviech haftet, da scheiden sich die Geister in der Begründung des Mythos rund um den Pontiac GTO. Wo sich aber alle einig sind, das Auto ist mehr als kultig und hat sich einen Ehrenplatz in der Automobilgeschichte gesichert. Da gibt's nix zu meckern. 

Hurst-verfeinerter 1967er GTO. 

Der GTO war dann, vor allem am Anfang seiner Geschichte nicht nur der Wunsch des einzelnen John DeLorean, sondern seiner Meinung nach auch der Wunsch vieler, das Muscle Car aus dem Prospekt, Maggifix für die Viertelmeile, Fast-Food für den Dragstrip. An sich waren ja scharf gemachte V8-Coupés aus Detroit nichts neues, man musste sich sowas halt mittels Zubehörindustrie einfach selber bauen und auch damals hiess es gerne schon, "Built, not bought!" - Gebaut, nicht gekauft. Aber, so mancher Babyboomer hatte zwar die Taschen voller Geld, aber keine Zeit um etwas zu bauen, abgesehen vielleicht von schicken Vorstadthäusern. 

Noch ein Babyboomer-Liebling - 1969er Plymouth Road Runner

Rudimentäre Ergonomie für den Samstagnachmittag auf dem Drag-Strip.

GM's Vorstand dieser Zeit war nicht sonderlich begeistert von DeLoreans Idee des Muscle Cars auf Werksbestellung, zumal diese auch gegen einige feste Regeln im Konzern verstossen hatte. Was die rauchenden Herren in den Anzügen nicht wussten war, dass DeLorean das Auto mit seinem Team an zahlreichen Samstagnachmittagen bereits fertig entwickelt hatte und vor allem, dass schon rund 5000 Bestellungen von Händlern da waren. Tadelnd stimmte man der Produktion dieser 5000 Autos zu und zack, im ersten Produktionsjahr 1964 liefen 32'000 Autos vom Band, im Spitzenjahr 1966 waren es fast 98'000. Und die anderen Hersteller machten dicke Backen.

Da hatten kleine und grosse Tiger gut Platz - Perfekt für die kaufkräftigen Babyboomer.

Trotzdem, dass der GTO dann auch ziemlich schnell zum Kult gereift ist, konnte er es, im Gegensatz zu seinen Mitbewerbern Camaro, Challenger, Charger und Mustang, nicht bis ins Abendrot des Muscle Cars schaffen. Die Marke wurde 2009 vom Mutterkonzern GM aufgegeben. Und mal ehrlich, was gab es da noch zu retten, die letzten Modelle inklusive dem Aztek sprachen nur noch jene potentiellen Käufer an, welche eine stark verminderte Sehkraft aufwiesen und damit potentiell sowieso nicht mehr Autofahren durften. Schade, ein adäquates Remake des GTO wäre sicherlich kein Misserfolg gewesen, das letzte Remake glich zumindest optisch mehr einem Honda Civic denn dem Ur-GTO und wurde damit von der Retrowelle sang- und klanglos verschluckt.   

Der Pontiac Aztek als fahrender Design-Totalschaden. 

Das typische Coke-Bottle-Neck gab's beim GTO erst ab 1966

Zurück zu der Frage nach der Ziege. Es gibt hierzu einige Theorien, eine besagt, der GTO sei schlicht "The Greatest Of All Time". Wahrscheinlicher ist aber jene Erklärung, dass der GTO bei angemessener Fahrweise einen erheblichen Verbrauch an Betriebsmitteln hatte, also Gas, Oil And Tires. Und das lässt sich absolut nachvollziehen, schliesslich hatten die bis zu 6.6 Liter grossen Achtzylinder mit ihren drei Doppelvergasern durchaus einen veritablen Spritbedarf, damit sicherlich auch Ölverbrauch. Und vor allem, die Reifen waren die absoluten Verlierer bei dem Spiel. Wenn rund 600 Newtonmeter über antiquiertes Gummi in Polyglassbauweise herfallen, dann weiss man, warum auch heute noch bei grossen Shows grosszügig Rauch ins Bühnenbild geblasen wird - Great Show, more Go. 

Text & Bilder: Markus Kunz

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