Neuer China Elektriker

Startet der BYD Sealion 7 bei uns durch?

BYD gehört eigentlich zu den grössten E-Fahrzeugherstellern der Welt. Noch in diesem Jahr soll das 10-millionste Auto in China vom Band rollen. Davon hat man in der Schweiz wenig mitbekommen. Mit dem Sealion 7 soll sich das nun ändern.

Veröffentlicht am 20.11.2024

Sechzehn, fünf, acht und nochmals fünf. Das sind die Schweizer Zulassungszahlen der vergangenen vier Monate für alle BYD-Modelle zusammen. Recht überschaubar, doch BYD legt seinen Fokus auf den chinesischen Markt. Dort ist jeder dritte BEV oder PHEV ein BYD. Für den europäischen Markt umfasst die Fahrzeugpalette sieben Modelle – nun kommt ein weiteres dazu: Der BYD Sealion 7.

Bekannte Form

Schon von weitem erkennt man den BYD Sealion 7 als chinesisches Elektroautoam wenig spektakulären «Kennen wir schon»-Design. Die geschlossene Front mit den klaren Linien und den C-förmigen Scheinwerfern kennt man schon vom BYD Seal und Seal U. Als SUV-Coupé liegt der Sealion 7 mit seiner coupéhaften Dachlinie derzeit voll im Trend. 

Am Heck soll die Luft zuerst zwischen den aufgesetzten Spoiler hindurch und dann anschliessend auf die Abrisskante treffen, erklärt man uns. Auch wenn wir im Studium in Strömungslehre einen Fensterplatz hatten: Der uns beschriebene Luftstrom ist ebenso sinnfrei, wie der gewünschte aerodynamische Effekt, den man damit erzielen möchte. Ebenso markenunabhängig inflationär verwendet, sind die miteinander verbundenen Rückleuchten. Mit der Tropfenoptik am Heck nimmt das Fahrzeug wieder die BYD «Ocean»-Designphilosophie auf. Mit Verpackungsmassen von 4,8 Länge, 1,9 Breite und 1,6 Meter Höhe steht der Sealion mit allen vier Rädern im SUV-D-Segment. 

Rotierender Bildschirm 

Innen schmeichelt der Sealion Augen und Hände. Mit weichen Lederimitaten, Nappaleder und schicken Doppelziernähten ist man bis auf wenige Ausnahmen hartplastikfrei unterwegs. Der Innenraum kann durchaus als hochwertig bezeichnet werden, auch wenn Details nicht ganz so gründlich verarbeitet wurden. Der 15,6-Zoll grosse Bildschirm kann sich um 90 Grad rotieren und von Quer- auf Hochformat umstellen. Zwei Farboptionen für das Interieur und vier Aussenfarben bieten ein übersichtliches Mass an Individualisierungsmöglichkeiten.

Fortschrittliche Technik

Mehr Auswahl gibt es bei der Technik. Das Mittelklasse-SUV wird in zwei Batteriegrössen (82,5 kWh oder 91,3 kWh) und drei Ausstattungslinien angeboten. Die Linie Comfort bietet Heckantrieb sowie eine Leistung von 230 kW/313 PS mit der kleineren Batterie verknüpft. Die Design-Linie kombiniert diese Batterie mit Allradantrieb und einer Leistung von 390 kW/530 PS. In der Topversion Excellence wird der performante Antrieb mit der grösseren Batterie ausgeliefert. Der Sealion basiert auf der neuen BYD e-Platform 3.0. Das bedeutet, dass die kobalt- und nickelfreie Blade-Batterie mit Lithium-Eisen-Phosphat-Technologie (LFP) nach dem Cell-to-Body-Prinzip direkt in die Fahrzeugstruktur integriert wird. Die Blade-Batterie wird in allen BYD-Modellen verwendet. Im Sealion 7 lädt sie mit einer maximalen Ladeleistung von 230 kW, sodass diese unter Idealbedingungen innert 24 Minuten von zehn auf 80 Prozent wieder gefüllt werden kann. Etwas schade hingegen, dass es maximal 11 kW bei der AC-Ladung sind. 

Batterie in die Unterbodenstruktur integriert 

Eine Besonderheit ist die Batteriezellenanordnung in Bienenwabenstruktur. Dieser wird noch in eine stossfeste Hülle gepackt und in die Unterbodenstruktur nahtlos integriert. Dies erhöht die Torsionssteifikeit des Fahrzeugs auf über 40'000 Nm/°. Zum Vergleich: Ein Bugatti Chiron hat einen Torsionssteifigkeitswert von 60'000 Nm/° und dessen Aufgabe liegt darin über 300 km/h zu rennen. So weit wird es beim Sealion 7 nicht kommen. Dieser wird bei 215 km/h elektronisch abgeregelt. Dass das Fahrzeug äusserst verwindungssteif ist, hat nicht nur Vorteile. Wie die Testfahrt beweist.

Hart und schwammig

Trotz komfortabler Grundauslegung sind in Kurven die Wankbewegungen des SUVs deutlich reduziert. Doch in Kombination mit einer synthetisch verhärteten Lenkung und einem unnachgiebigen Chassis fühlt sich das Fahrzeug von der Strasse entkoppelt an – das Vertrauen schwindet ebenso wie der Fahrspass. Besonders bei höherem Autobahntempo, ist es mehr ein zielen statt eines bewusst kontrollierten Steuerns. Wird es kurviger, regelt sich die Leistung schon mal bis zur Unkenntlichkeit herunter.

Die Bremsen sprechen zunächst ordentlich an und machen das, was man erwartet: Verzögern. Nach mehrmaliger Betätigung wurden sie aber teigiger. Ob eine kleine 4-Kolben-Anlage (je nach Ausstattungslinie wird sie sogar rot angestrichen) den leistungsseitigen Anforderungen gerecht wird, mag man bezweifeln. Denn mit 2,5 Tonnen Lebendgewicht ist der Sealion halt auch ein Seelöwe der pummeligen Natur und die Gesetze der Physik lassen sich nunmal nicht aushebeln. Deswegen fühlt sich der Antrieb auch nicht nach über 500 PS an. Diese beschleunigen zwar kraftvoll, aber ohne das e-typische Anspannen der Nackenmuskulatur. 

Auf «wessen Nacken» aber die frisch beschlossenen EU-Zölle gehen, ist noch nicht ganz klar. Ebenso die Schweizer Preise oder ab wann die ersten der Seelöwen in die Schweiz gerobbt kommen. Im grossen Kanton bewegen sich die Preise zwischen 50'000 und 55'000 Euro – die ersten Auslieferungen sollen noch in diesem Jahr stattfinden.

BYD zeigt mit dem Sealion 7, dass ihre E-Mobilität auf dem Niveau der Mitbewerber mithalten kann. Wenn man bedenkt, dass die Marke erst 2003 mit dem Bau von Fahrzeugen begonnen hat, beeindruckt die Geschwindigkeit und Qualität, mit der das Unternehmen voranschreitet. Ganz zur Freude der europäischen Hersteller.

Text: GAT 

Bilder: BYD

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