Revolution

Chevrolet Corvette C8 Stingray – nichts ist, wie es war

Zugegeben, das Herz blieb. Der traditionelle V8-Motor ist auch weiterhin das Herzstück der neuen Chevrolet Corvette C8 Stingray. In der nun achten Generation ist er zentraler im Geschehen denn je. Ein erster Fahrbericht.

Veröffentlicht am 10.10.2021

Nieselregen, Herbstlaub, dafür aber eher milde 15 Grad auf dem Aussenthermometer. Die Route führt über eine wenig befahrene Landstrasse durch den Spessart, man würde meinen, sie ende im Nichts.

Auf der Autobahnanfahrt konnten wir uns schon ein wenig bekannt machen, die neue Chevrolet Corvette C8 Stingray und ich, die Ansprache des Motors ist altbekannt, auch das Layout in Innenraum ist mehr-oder-weniger Corvette-typisch. Einzig die neue kurze Fronthaube bleibt für den Moment irritierend. Es wirkt, als sei alles in Ordnung. Der Blick schweift ab, haftet kurz am griffigen Wildleder-Bezug des eckigen Lenkrades, zieht sich weiter auf die überaus nette Verarbeitung im sonstigen Innenraum. Die C8 grätscht hier einen schönen Spagat: Es ist alles neu und modern, bleibt aber doch altbekannt und übersichtlich, wie es eben der perfekte orchestrierte Baukasten eines Weltkonzerns so hergibt.

Die Chevrolet Corvette C8 Stingray hat einen spitzen Stachel

Und dann gibst Du in der im Nachhinein überraschend engen Links ein bisschen zuviel Gas. Ansatzlos beisst die Stingray zu, das Heck geht deutlich aus der Spur, man ist einen kurzen Moment sprachlos. Nicht etwa, weil die früheren Corvetten Sänften waren, im Gegenteil, quer gingen auch sie immer, aber es war dann: klassischer. Mehr Kraftbolzen als Nervosität.

Noch sprachloser bleibst Du allerdings zurück, nachdem Du die Chevrolet Corvette C8 Stingray wieder eingefangen hast. Ein kleiner Zupfer am Lenkrad, eine kurze Justage des Gaseinsatzes und es ist, als wäre nie etwas gewesen. Kein schwerer Gegenpendler, kein trampelndes Heck. Stattdessen folgt sie ruhig der Spur.

Im Verlauf der nächsten Kurven setzen wir es dann darauf an. Präzise anbremsen, auf dem Punkt umsetzen und dann doch schon vehement ans Gas. Nichts. Kein Zucken, kein Drama. Wir intensivieren. Später in die Bremse, härter einlenken und noch früher den V8 wieder lautsprechen lassen. Es ist irre, die Balance, die Traktion, die absolute Feinheit der Abstimmung überrascht – wirklich. Vor allem, wenn man es dann provoziert, viel zu spät am Anker, noch auf der Bremse am Lenkrad reissen und schon geht sie weg. Nervös, angestochen, ein bisschen ausser Tritt. Doch sie will eigentlich nur dem Impuls folgen, der aber leider völlig falsch und zu heftig gesetzt war.

Ein Präzisionsinstrument für Feinschmecker

Ihre ganze Klasse zeigt die Chevrolet Corvette C8 Stingray aber in der Parade. Zurück auf Zug, alle Eingaben ein wenig zurückgenommen und plötzlich blitzt ihr volles Talent auf. Die elektromechanische Sperre im Getriebe beisst zu, schiebt die C8 nach vorne, die breit bereifte Vorderachse hat trotz der hecklastigen Gewichtsverteilung der Mittelmotor-Vette überraschend viel Griff, vor allem aber: Rückmeldung.

Man ist plötzlich mit einer glasklaren Präzision unterwegs, die man noch vor einer Viertelstunde nie für möglich gehalten hätte. Die Corvette als Zeitenfeile. Als kompromissloses Werkzeug für wirklich Ambitionierte. Zur Verteidigung ihrer Vorgänger muss man sagen, dass auch sie das sehr gut gemacht haben in der Vergangenheit, das Powercruiser- und Dampfhammer-Image eben nur Image war, aber schon lange nicht mehr das alleinige Talent beschrieb.

Doch nach dieser Handvoll Kurvenschwüngen ist klar, warum die Entwicklungsabteilung in Detroit die Mittelmotor-Route genommen hat. Über 40 Jahre hat man von den Möglichkeiten und Potenzialen geträumt, in der achten Generation hat man es endlich gewagt und wurde reichlich belohnt. Sicher, es wird jene geben, die der langen Haube, dem klassischen Layout und überhaut der Vergangenheit nachtrauen – es sei ihnen gesagt, dass sie falsch liegen.

Der Erfolg lässt die Kritiker verstummen

Auch die Verkaufszahlen sprechen eine andere Sprache. In den USA verkauft sich dich Chevrolet Corvette C8 Stingray auch zwei Jahre nach dem Start so gut, dass einige Händler noch immer zehntausende Dollar Aufgeld verlagen – und ihre Autos dennoch losschlagen. Die Kunden wollen die Vette. Weil sie die beste aller Zeiten ist. Und dabei sprechen wir vom Einstiegsmodell.

Falls es im Text zur kurz kommt, hier nun die technische Eckdaten: 6,2-Liter-V8 mit Trockensumpfschmierung und Direkteinspritzung, 482PS und 613Nm. Achtgang-Doppelkupplunggetriebe mit Sperrdifferenzial, Beschleunigung in 3,5 Sekunden auf 100km/h, 296km/h Höchstgeschwindigkeit, Heckantrieb, 70 Liter Tankinhalt und 1‘665kg Leergewicht. Die Preise starten bei 113‘690 CHF für das Coupé mit Targa-Dach. Die Convertible kostet 120‘760 CHF.

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