Very British Classic Cars

Die einzigartige Husistein-Collection

Eigentlich wollten Maja und Philipp Husistein gar keine Auto-Sammlung. Und doch stehen wir in einem britisch-racing-grünen Hangar voll erlesener Jaguar- und Land Rover-Modellen. Jedes Modell erzählt eine einzigartige Geschichte.

Veröffentlicht am 14.04.2025

Wer denkt, dass Autos Männersache sind, der kennt Maja Husistein nicht. Ihre Augen beginnen zu strahlen, wenn sie über Autos spricht. “Als Architektin hat man berufsbedingt ein geschultes Auge für das Schöne. Meine Liebe zu alten Autos kam über das Design und das Lebensgefühl, welches die Oldtimer vermitteln.” Philipp Husistein ist eher fasziniert von der Technologie: “Das kommt von früher: Mein Vater hat eine Sammlung von alten Traktoren. Da habe ich meine Leidenschaft für Motoren entdeckt und so bin ich zum Schrauben gekommen.”

Die Leidenschaft zum Automobil verbindet das Ehepaar seit Jahrzehnten. “Das ganze lief lange Zeit auf kleiner Flamme. Als es geschäftlich besser lief, kam über die Jahre immer wieder ein weiteres Auto hinzu”, erzählt Philipp Husistein. So erwuchs eine veritable Sammlung. Dass es ausgerechnet britische Autos sein würden, ist eher Zufall. “Es hätten ebenso gut italienische Autos sein können”, sagt Maja Husistein. “Eigentlich war die  Autosammlung gar keine Absicht, sie ist einfach zu dem geworden.”

Die beiden Architekten haben für ihre Schätze einen Hangar in british-racing green gebaut. Und ihn eingerichtet, wie es der Traum eines jeden Autofans ist: Alte Tankstellen-Zapfsäulen, Leuchtreklamen, Memorabilien, Schilder, Poster, Modellautos, Bücher, Lenkräder, Töfflis und natürlich eine grosse Couch, von wo aus man die Sammlung bestaunen kann. Kurz: Ein Traum von einem Man-Cave, in diesem Fall auch ein Woman-Cave. “Wir reiben uns selbst die Augen, was daraus geworden ist”, lacht Maja Husistein.

Jaguar E-Type ‘Lightweight’, (JG 1966)

Wer auf der Corbusier-Couch sitzt, schaut auf zehn atemberaubende Fahrzeuge. Jedes einzelne von ihnen erzählt eine faszinierende Geschichte. Beginnen wir mit dem Lieblingsauto von Maja Husistein. “Mein Lieblingsauto ist immer dasjenige, in dem ich grad sitze. Jedes einzelne ist besonders, gibt mir ein anderes Gefühl, hat eine andere Ausstrahlung. Ich habe sogar für jedes Auto eine eigene Music-Playlist. Das mit dem höchsten Spassfaktor ist allerdings der Jaguar E-Type ‘Lightweight’. Ich liebe es, damit auf engen Bergstrassen zu fahren.” Es handelt sich zwar nicht um einen originalen Lightweight, sondern um einen Heavy-Modification-Umbau eines späten Serie 1 E-Type-Modells, wie Philipp Husistein weiss: “Zum Lightweight umgebaut wurde der E-Type vom britischen Musiker und Fernsehmoderator Jools Holland, der damit Rennen fuhr. Seit ich das Auto zum ersten Mal gesehen habe, wollte ich es haben, konnte es mir aber damals nicht leisten. Jahre später bekam ich die Chance erneut und schlug zu. Dieses Auto war sowas wie die Initialzündung für unsere Sammlung. Das Auto hat eine Strassenzulassung und ist auf maximalen Spass ausgelegt.” Der Spass in Zahlen: 285 PS, 1050 Kilo.

Jaguar XJ6, (JG 1976)

Philipp Husistein kann sich nicht für ein Lieblingsauto entscheiden. Aber er weiss, an welchem er am meisten hängt: “Der erste Jaguar unserer Sammlung war derjenige meiner Mutter. Ich habe sie damals dazu überredet, einen Jaguar XJ6 zu kaufen. Er hat zwar nur den schwächeren 3,4 Liter-Motor, bloss Velour-Ausstattung, ja nicht mal eine Klimaanlage. Nichts, was einen Sammler interessiert. Aber für mich hat es einen hohen emotionalen Wert.” Warum der Rallye-Look? “Letztes Jahr war beim British Classic Car Meeting St. Moritz das Thema ‘Rallye’. Ich erinnerte mich an einen Jaguar XJ, der einmal an der Paris-Dakar teilgenommen hat. Einen echten Umbau vorzunehmen, wäre zu aufwändig gewesen. Also haben wir gemeinsam dem alten Jaguar einen Rallye-Look verpasst”, sagt Philipp Husistein. “Das Auto ist ein unglaublicher Sympathieträger, obwohl wir ja nur ein bisschen dekoriert haben.”

Jaguar XJ220, 1993

Eine einzigartige Gelegenheit ergab sich für die Husisteins beim Jaguar XJ220. “Davon gibt es nur 280 Stück. Und erst noch in der Farbe schwarz: Da mussten wir einfach zuschlagen. Das kann dann sehr schnell gehen”, schmunzelt Maja Husistein. Die Geschichte dahinter: Der Jaguar XJ220 kam 1994 in die Schweiz. Erstbesitzer war der damalige Präsident des Schweizer Jaguar-Clubs, dem heute Philipp Husistein vorsteht. “Der XJ220 hatte erst 3000 Kilometer auf dem Tacho. Ich habe mich im Vorfeld mit einem britischen Experten getroffen, um zu sehen, welche Sachen gemacht werden mussten.” Für Philipp Husistein ging damit ein Traum in Erfüllung. “Als der XJ220 rauskam, war ich Mitte Zwanzig und begeistert von diesem Supersportwagen.” Auch Maja liebt es, im XJ220 zu fahren. “Ich finde es sehr cool, aber ich habe grossen Respekt, weil das Auto sehr viele PS und sehr wenig Sicherheitssysteme hat. Was man nicht gerne mit diesem Auto machen will, ist parkieren. Weil man einfach nichts sieht. Dieses Auto ist zum Vorwärtsfahren gemacht.”

S.S.90, 1935

Das älteste Auto der Husistein-Sammlung ist 90 Jahre alt und funkelt im Scheinwerferlicht wie ein Juwel. Bei diesem Zweisitzer handelt es sich um den ersten Jaguar Sportwagen überhaupt. Obwohl Jaguar 1935 noch S.S. hiess. “Das war auch wieder so eine Gelegenheit, wo wir zuschlagen mussten. Von diesem Auto wurden nur 23 Exemplare gebaut. Der S.S.90 wurde anfang der 1990er komplett neu renoviert. Er ist nicht nur als Vorkriegsauto ein technologischer Zeitzeuge, sondern zeigt auch, wie man vor über dreissig Jahren Oldtimer restaurierte. Das Auto ist erstaunlich. Damit fährt man problemlos im Strassenverkehr mit, sogar auf der Autobahn.”

Jaguar XJ-S, 1975

Neben dem S.S.90 steht ein sandgrüner Jaguar XJ-S. Es war der Wunsch von Maja: “Ich wollte ein neueres Jaguar-Modell für lange Strecken, am liebsten ein Cabriolet. Als ich ein bisschen recherchierte, gefiel mir die Coupé-Version besser, wegen des kathedralen Dachabschlusses. Ich wollte unbedingt einen XJ-S aus den 1970er Jahren haben, inklusive der schwarzen Gummi-Stossstangen, obwohl diese auf andere abschreckend wirken. Aber ich wollte ihn genauso: Es handelt sich dabei um den ersten fahrbereiten XJ-S überhaupt. Das Vorserienmodell hat die Body-Nummer 9.” Philipp Husistein ist fasziniert vom Paradigmenwechsel des E-Type Nachfolgers. “Im XJ-S hat es kein Holz mehr wie im E-Type, sondern damals modernes Plastik – viele Kunden waren schockiert. Trotzdem war der XJ-S (ab 1991 XJS) eines der erfolgreichsten Jaguar-Modelle. Der XJS wurde 21 Jahre lang produziert und rettete Jaguar vor dem Untergang, allerdings auch Dank dem Einsatz von etwas Chrom und Holz.”

Land Rover 88, 1956

Maja Husistein fährt gerne sportlich, kann aber auch anders: “Obwohl ich gerne zügig fahre, muss es nicht immer ein Sportwagen sein. Ich komme in jedem Auto in einen eigenen Mood. Von Philipp bekam ich zum 50. Geburtstag den Land Rover Serie I geschenkt. So einen wollte ich schon immer! Er fährt maximal 80 km/h, aber ich liebe es, im offenen Landy zu sitzen.” Philipp Husistein, der bestens vernetzt ist in der Szene, erfuhr von einem Land Rover 88 Zweiliter-Benziner, der zuerst in einer Werft im Einsatz war und von einem Freund neu aufgebaut wurde. So kam eines zum anderen und der Serie I Land Rover in die Husistein-Sammlung.

Land Rover Defender, 2015

Gegenüber der ersten Land Rover Generation steht die letzte. Er war bis vor einem Jahr das Alltagsauto von Maja, nun ist es die neue Defender-Generation. “Ich konnte ihn am Morgen des 24. Dezember 2015 abholen, kurz vor Schluss. Am 31. Dezember stoppte ja bekanntlich die Produktion. Es ist also einer der letzten überhaupt. Wir hatten den Defender schon lange auf dem Radar. Damals waren die Kinder noch klein und wir konnten damit alles transportieren. Es geht mir jedes Mal das Herz auf, wenn ich ihn sehe. Er ist so positiv, so sympathisch. Nun haben wir auch ein Dachzelt gekauft. Wer weiss: Wir träumen schon lange davon, eine längere Reise nach Marokko und durch die Sahara-Wüste zu machen.” 

Jaguar E-Type Flat Floor, 1961

Ein weiteres Bijou in der Husistein-Sammlung ist der Jaguar E-Type Flat Floor. Im Gegensatz zum 'Lightweight' ist hier alles original. Philipp Husistein erklärt: “Es ist ein sehr früher E-Type, etwa das hundertste Coupé, das gebaut wurde. Dieser Flat-Floor kam als Vorführwagen in die Schweiz und war damit einer der ersten im Land. Hier schauen wir darauf, dass das Auto sehr authentisch und original bleibt.” Das ist eine Untertreibung: Der E-Type sieht aus wie aus dem Laden und riecht einfach wunderbar. 

Keine Frage: Philipp und Maja Husistein leben den Traum vieler. Aber es ist nicht immer nur Harmonie. Philipp will manchmal zu lange über Technologie reden und Maja will einfach „reinsitzen und fahren“.

Cooper Formel 1, 1958

Ein Auto, das fast nur Philipp bewegt, ist der Cooper Formel 1 Wagen aus dem Jahr 1958. Er hat die „Lizenz zum Schnellfahren“. “Angefangen hat es mit dem Lightweight E-Type. Um an Bergrennen teilnehmen zu können, habe ich einen Rennlizenz-Kurs gemacht. So bin ich reingerutscht. Genauso, wie wir nie damit gerechnet haben, einmal eine Auto-Sammlung zu haben, so habe ich nie daran gedacht, einmal ein echtes Formel 1 Auto zu besitzen. Bis ich eines Tages an der Auto Züri beim Stand von Lutziger Classic Cars diesen Cooper sah. So muss ein Rennwagen aussehen! Er war allerdings unverkäuflich und gehörte zur privaten Sammlung von Koni Lutziger. Das Auto ging mir aber nicht mehr aus dem Kopf. Darum, sagte meine Frau, wolle sie mir das Auto zum 50. Geburtstag schenken.” Und so erfüllte Maja ihrem Mann den Wunsch. “Maja hat allerdings ein sehr unvorteilhaftes Video von mir gemacht, wie ich zum ersten Mal ein- und ausgestiegen bin.” Beim Cooper handelt es sich um einen von John Cooper (dem späteren Mini-Tuner) gebauten Rennwagen mit Heckmotor. Vom 500 Kilogramm leichten Auto wurden 24 Exemplare gebaut. “Es war der erste Formel-Rennwagen mit Heckmotor, gebaut 1958. Enzo Ferrari lachte über das Konzept und sagte: Die Pferde ziehen den Wagen, nicht umgekehrt. Er hatte Unrecht. Bereits zwei paar Jahre später stellte auch Ferrari auf Heckmotor um. Das Besondere an diesem Auto ist der Climax Aluminium Motor. Die Firma Coventry Climax war eigentlich spezialisiert auf Gabelstapler und entwickelte für die britische Regierung Feuerwehrpumpenmotoren. Das Motorenkonzept gefiel den vielen privaten britischen Rennfahrern, weil er klein, leicht und leistungsfähig war. In diesem Auto ist ein 2-Liter-Firepump-4-Motor verbaut, der 185 PS leistet. Der Cooper hat FIA-Papiere, womit ich auch Competition fahren kann. Es macht einfach unglaublich viel Spass, das Auto zu bewegen.”

Jaguar XK140, 1957

Last but not least steht auch noch ein Jaguar XK140 im Hangar. Der XK 140 ist nicht restauriert, aber dennoch in einem Top-Zustand. “Wir haben ihn von einem befreundeten Sammler gekauft. Wenn man ihn fährt, bekommt man ein Gefühl dafür, wie sich Autos früher gefahren haben. Er fährt sich unglaublich angenehm”, schwärmt Philipp Husistein. Die Zahl 140 bezog sich wie immer bei Jaguar auf die maximale Geschwindigkeit. Mit 140 Meilen war es eines der schnellsten Autos seiner Zeit. Auch dieses Fahrzeug hat eine einzigartige Geschichte. Es handelt sich um eines der letzten je gebauten XK140. Das Auto verliess die Produktionshallen in Coventry nur vier Tage, bevor die Fabrik am 12. Februar 1957 abbrannte.”

Ist die Sammlung komplett oder kommen da noch weitere Juwelen hinzu? “Wir haben uns im Moment einen Kaufstopp auferlegt”, sagt Philipp Husistein, hält sich aber eine Hintertür offen. “Wenn sich eine vermeintliche Chance eröffnet, muss man sich überlegen, ob man zugreifen soll. Ich habe das Gefühl, dass man ein Auto nicht suchen muss, sondern es findet einen." Am Ende ist es aber immer eine gemeinsame Entscheidung des Ehepaars. “Wir haben beide genug Ideen, was wir noch haben wollen. Ich habe auch moderne Autos auf meiner Wunschliste”, lacht Maja Husistein. Oder um es in anderen Worten zu sagen: Das dürfte es noch nicht gewesen sein.

Text: Jürg Zentner

Bilder: Christian Lienhard (lienhardbildwerke.ch)

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