Happy Birthday, Norbert Singer!
Rennsport-Ikone, Porsche-Legende oder einfach “Mister Le Mans”: Für Norbert Singer gibt es viele Bezeichnungen. Sogar eine US-Automanufaktur ist nach Singer benannt. Was zeichnet den Mann aus, der mit seinen Innovationen so viele Siege einfuhr wie kein anderer? Wir gratulieren dem deutschen Ingenieur zum 85. Geburtstag.
16 Gesamtsiege beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans: Diese Bilanz ist so einzigartig wie das Genie hinter den Erfolgen. Als visionärer Renningenieur und begnadeter Aerodynamiker war Norbert Singer schon 1970 dabei, als Porsche mit dem 917 zum ersten Mal in Le Mans gewann. Der damalige Leiter der Rennwagenentwicklung Peter Falk stellte den jungen Singer kurz nach seinem Studium ein, wo sich der Maschinenbau-Ingenieur eigentlich auf Luft- und Raumfahrttechnik spezialisiert hat.
Bereits in seinem ersten Porsche-Jahr arbeitete Singer an der Getriebekühlung des Porsche 917, was sich beim ersten Gesamtsieg Porsches in Le Mans als Geheimwaffe bewährte. Dieses Debüt war der Auftakt einer aussergewöhnlichen Laufbahn.
Zwar bleibt Rennsport immer Teamarbeit, doch von 1970 bis 1998 war Singer an allen 16 Le-Mans-Gesamtsiegen von Porsche beteiligt, was ihm den Beinamen “Mister Le Mans” einbrachte.
Vom Ingenieur zur Rennsport-Ikone
Norbert Singer avancierte zum führenden Kopf hinter einigen der erfolgreichsten Rennfahrzeuge der Porsche-Geschichte. Der 911 Carrera RSR Turbo 2.1 (1974) verhalf Porsche zu einem historischen zweiten Platz in Le Mans.
Darauf folgten revolutionäre Modelle wie der Porsche 935 und 936, die in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren in der Sportwagen-Weltmeisterschaft sowie der IMSA-Serie dominierten. “Moby Dick” stellte dabei den Höhepunkt dar. Der 935/78 war aus technischer wie aerodynamischer Hinsicht das Radikalste, was je auf vier Räder gestellt worden ist.
Mit dem Übergang zum Gruppe-C-Reglement 1982 begann die wohl innovativste Phase in Singers Karriere. Der von ihm entwickelte Porsche 956 setzte neue Massstäbe mit einem Aluminium-Monocoque und einer revolutionären Unterboden-Aerodynamik, die den “Ground Effect” erstmals bei Sportwagen nutzbar machte. Auch der Nachfolger 962 knüpfte an diesen Erfolg an: Diese Fahrzeuge erzielten von 1982 bis 1994 sieben Le-Mans-Gesamtsiege und zahlreiche Weltmeistertitel. Der “Ground Effect” sorgte dafür, dass die Fahrzeuge bei zunehmender Geschwindigkeit regelrecht auf der Fahrbahn klebten.
Ein weiteres Highlight war Singers Rolle bei der Entwicklung des Porsche 911 GT1 '98, der 1998 den 16. und letzten Le-Mans-Sieg seiner aktiven Laufbahn einfuhr.
Nach 34 Jahren voller technischer Innovationen und Rennerfolge zog sich Singer 2004 aus dem aktiven Berufsleben zurück. Auch nach seinem Ruhestand blieb Norbert Singer der Welt des Motorsports verbunden. Seit 2006 gibt er sein Wissen als Dozent an der Hochschule Esslingen/Deutschland weiter und berät das Porsche-Museum bei der Restaurierung historischer Rennwagen. Regelmässig ist er auch Gast bei Motorsportveranstaltungen und teilt sehr offen seine Erfahrungen mit der nächsten Generation von Ingenieuren. Sein Einfluss auf den Rennsport und die Porsche-DNA bleibt ungebrochen.
Zum 85. Geburtstag würdigt Porsche Singer als Schlüsselfigur der Marke. Michael Steiner, Vorstand Forschung und Entwicklung, sagt: “Norbert Singer hat durch seine visionären Entwicklungen und strategischen Entscheidungen an der Rennstrecke entscheidend dazu beigetragen, Porsche zur erfolgreichsten Marke in Le Mans zu machen.” Singers Vermächtnis lebt nicht nur in den Fahrzeugen, sondern auch in den Köpfen der Motorsport-Community weiter. “Herzliches Dankeschön, Norbert Singer!”
Singer Vehicle Design
Wie gross die Strahlkraft des bescheidenen deutschen Ingenieurs ist, zeigt sich daran, dass sich die US-Automanufaktur Singer nach ihm benannt hat. Zumindest teilweise: 2009 gründete der ehemalige Rockmusiker Rob Dickinson (der Cousin von Iron Maiden Frontmann Bruce Dickinson) in Los Angeles Singer Vehicle Design. Der Name ist also ebenfalls eine Anspielung auf Dickinsons früheren Beruf als Leadsänger der britischen Band Catherine Wheel.
Heute gehört Singer zu den angesehensten Porsche 911-Veredler der Welt. Singer steht für die kunstvolle Neuinterpretation klassischer Porsche 911-Modelle der Generation 964 (1989–1994). Singer kombiniert dabei traditionelle Handwerkskunst mit moderner Technik und atemberaubendem Design. Ein Singer-Porsche ist kein Auto – es ist eine Liebeserklärung an den Porsche 911. Eine fahrbare Skulptur aus einer Kombination von Handwerkskunst, technischem Fortschritt und emotionalem Fahrerlebnis.
Die Limitierung auf etwa 450 Fahrzeuge weltweit macht jedes dieser Modelle zum begehrten Sammlerstück. Das hat natürlich seinen Preis: Unter einer halben Million Dollar läuft gar nichts. Neu kann man auch in Franken bezahlen – die Singer Porsches sind nun ebenfalls in der Schweiz zugelassen.
Kleiner Tipp für unter den Weihnachtsbaum
Buchtipp: “Norbert Singer – Porsche Rennsport 1970-2004”. Singer schildert auf mehr als 350 Seiten die grossartige Ära des Porsche-Rennsports aus seiner Sicht. Vom 917 über den 911 Carrera RSR zum Weltmeister-Porsche 935, einer der leichtesten (735 Kilogramm) und den schnellsten (366 km/h) Elfer der Geschichte.
Text: GAT
Bilder: Porsche