Maserati A6G/54 2000 Spyder - ungeliebte Schönheit
Der Maserati A6G/54 2000 Spyder, ein von Zagato eingekleidetes Einzelstück, wurde in seinem Leben vom Pech verfolgt. Jetzt besteht die Hoffnung, dass er zur Ruhe kommt.
Die Geschichte von Maserati ist, ganz vorsichtig ausgedrückt, etwas verworren. Besonders bei den ersten Nachkriegsfahrzeugen, deren Bezeichnung mit A6 beginnt, muss man auf die Feinheiten achten. Es gab, ab 1947, zuerst den A6, wobei, das stimmt schon einmal nicht: zuerst war da der A6 Sport (auch als A6TR oder 6CS/46 bezeichnet), dann kam der A6GCS, beides Rennwagen. Das Serien-Fahrzeug, wenn man bei wahrscheinlich 59 oder vielleicht 61 Exemplaren überhaupt von einer Serie sprechen kann, wurde dann als A6 (oder auch A6 1500 bezeichnet) und von 1948 bis 1951 gebaut.
Das Einzelstück
A stand auf jeden Fall für Alfieri (Maserati), die 6 für die Anzahl Zylinder. Und ja, die 1500 deutet auf den Hubraum hin, 1488 cm3 (Bohrung x Hub 66 x 72,5 Millimeter). Wahrscheinlich in der ersten Form etwa 65 PS. Das wurde über die Jahre aber besser. 1950 kamen dann die A6G 2000 (von Maserati zuerst als 2000 Gran Turismo bezeichnet), also 2 Liter Hubraum, etwa 100 PS; die Rennversion hiess zuerst A6GCM und kam auf bis zu 190 PS, später dann A6GCS/53 (dazu gibt es schon eine ebenfalls verwirrliche Story, hier).
Und dann, zum Abschluss der Serien-Fahrzeuge: der A6G/54. Immer noch mit 2 Liter Hubraum, 150 PS, mit Doppelzündung sicher über 160 PS. Es gab sie als Coupé von Allemano, als Coupé und Spyder von Frua, als Coupé von Zagato. Und dann gibt es noch einen einzigen Spyder von Zagato, Chassisnummer #2101, das Fahrzeug, das wir hier zeigen.
Evita!
Im März 1955 wurde der bei Zagato eingekleidete Maserati A6G/54 auf der Geneva Motor Show gezeigt – angeschrieben mit 28’000 Franken. Was damals sehr, sehr viel Geld war. Noch auf dem Salon soll sich Juan Peron, argentinischer Diktator und Gatte der umjubelten Evita, in den Wagen verliebt haben. Trotzdem forderte er einige Änderungen, einen feineren Frontgrill wollte er haben und einen Lufteinlass auf der Haube, die Nebelleuchten sollten weg und die A-Säulen leichter gestaltet. Und die Farbe sollte vom ursprünglichen «grigio piombo» auf ein Grau-Blau (Blu Algisto Scuro) geändert werden.
Das alles wurde im Werk auch ausgeführt, doch Peron hatte so ein paar politische Probleme in Argentinien, deshalb wurde der Wagen gar nicht erst exportiert, sondern lange drei Jahre im Werk behalten. Dann, im Herbst 1958, zeigte der umtriebige französische Maserati-Händler Thepenier #2101 in Paris, fand mit dem Amerikaner Louis W. Schröder auch einen Käufer (Auslieferung: 6.4.1959). Schröder fuhr damit zum 24 Stunden in Le Mans, lies den Maserati nach Amerika verschiffen - und verlor jedes Interesse.
Auch einmal: Rot
Im April 1960 kaufte Sherod Santos das Fahrzeug – und hatte anscheinend reichlich Ärger damit. 1966 verkaufte er den Wagen an einen unbekannten Käufer, der ihn wiederum 1968 an George Sackman verschacherte; dieser behielt #2101 immerhin bis 1980. Er fuhr ihn praktisch nie, liess ihn aber Rot lackieren. Nächster bekannter Besitzer war Angelo Ferro, der den unterdessen rot lackierten Wagen komplett restaurieren liess – und 2003 in Pebble Beach zeigte. 2013 versteigerte RM Sotheby’s das Fahrzeug in New York für 4’455’000 Dollar. Und jetzt steht er wieder zum Verkauf, wieder bei RM Sotheby’s, diesmal aber in Monterey (19./20. August 2022); einen Schätzpreis gibt es noch nicht.
Den jüngsten, offenen Maserati, den MC20 Cielo, können Sie hier betrachten. Falls noch Bedarf besteht nach mehr von diesen Maserati A6G/54 - gerne hier. Text: Peter Ruch - Photos: RM Sotheby’s.