Robin Road

Mein Grund und Boden! Oder nicht?

Philipps Kids drehen mit ihren Kumpels auf dem privaten Grundstück zwei, drei Runden mit dem Töffli. Wenige Minuten später trifft die Polizei ein und verpasst den Jungs eine Anzeige wegen Fahrens ohne gültigen Fahrausweis. Und das, obwohl sie keinen Meter auf öffentlicher Strasse gefahren sind. Schon wieder gibt es über eine Schnittstelle zu reden: privat oder Polizei, was geht vor?

Veröffentlicht am 24.04.2022

Landläufig gilt, dass man auf seinem privaten Grundstück tun und lassen kann, wie es einem beliebt. Weit gefehlt! Grundeigentum allein genügt nicht, um das Strassenverkehrsgesetz (SVG) ausser Kraft zu setzen. Ausschlaggebend ist, ob die Strasse praktisch jedermann offensteht. Und das entscheidet sich nicht primär danach, was der Grundstückseigentümer will, sondern wie die Situation für eine x-beliebige Person wirkt.

 

Öffentlich zugänglich?

Bei allem Ärger von Philipp hat diese auf den ersten Blick unverständliche Regelung einen plausiblen Hintergrund: Weder die Polizei noch andere Strassenverkehrsteilnehmer wissen, ob es sich um ein privates Stück Land beziehungsweise eine Strasse oder um ein öffentliches Gebiet handelt. Die Anwendung der Verkehrsregeln des SVG wurde deshalb beispielsweise bei öffentlichen Parkhäusern, einer öffentlichen Einstellhalle für Postkunden, dem Vorplatz einer Fabrik, der während deren Betriebszeiten einem unbestimmten Benutzerkreis offensteht, oder bei Vorplätzen von Häusern, die den Anwohnern, Nachbarn und anderen als Parkierfläche für Motorfahrzeuge dienen, bejaht.

Gibt es jetzt keine Möglichkeit, dass privat wirklich privat ist und die Polizei das SVG in der Tasche stecken lassen kann? Doch: Verkehrsflächen mit Abschrankungen oder Benutzungsverboten, beispielsweise mit zivilrechtlich erwirkten Parkverboten mit dem Signal «Privat» oder ähnlich sind vom SVG ausgeschlossen und «wirklich privat» im landläufigen Sinne.

 

Abschrankungen schaffen Klarheit

Das Privatgrundstück von Philipp dient ausschliesslich dem privaten Gebrauch der Familie. Zudem ist es keinem unbestimmten Personenkreis zugänglich. Nicht jedermann hat Zugang, es steht nicht für alle offen. Neben einer Parkverbotstafel gibt es Steinabschrankungen, sodass es sich klar um ein privates Grundstück handelt und nicht um eine öffentliche Strasse. Philipp wollte offensichtlich nicht, dass sich die Öffentlichkeit darauf tummelt. Nach Auffassung von Robin Road handelt es sich im vorliegenden Fall um eine Privatstrasse, auf der das SVG keine Anwendung findet. Die Polizei dürfte deshalb keine Bussen verteilen. Wie der Fall aber ausgeht, werden wir erst noch erfahren.

Robin Road wünscht Ihnen gute Fahrt mit oder ohne Barrieren, Ketten und Abschrankungen vor ihrem Vorplatz.

Text: Robin Road
Fotos: Vesa Eskola

 

Hier können Sie den Ordnungsbussenkatalog durchstöbern




 

Robin Road hilft

Dr. Rainer Riek — alias Robin Road — schreibt in jeder ai-Ausgabe oder auf unserer Homepage
www.auto-illustrierte.ch über strassenverkehrsrechtliche Themen sowie rund ums Auto im Recht. Er ist Rechtsanwalt und Notar bei www.zp-law.ch und unter anderem spezialisiert auf Strassenverkehrsrecht. Zudem postet er seine Autoquartette auf dem Auto-Blog von www.driving.legal

Wenn Sie ein strassenverkehrsrechtliches Problem oder Fragen dazu haben, schreiben Sie Robin Road eine E-Mail: road@auto-illustrierte.ch

Wichtiger Hinweis: Es handelt sich hier meist um reale Fälle mit geänderten Namen. Jeder Fall ist verschieden und muss einzeln betrachtet werden. Daher erfolgen sämtliche Empfehlungen und Angaben ohne Gewähr.

 

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