

Romano Burkhardt und The Rocket Brick
“Achtung, quer fliegender Ziegelstein”, müsste als Warnung am Heck des 500 PS Volvo stehen. Aber lesen könnte man es wegen des Rauchs ohnehin nicht. Denn “The Rocket Brick” ist eine Driftmaschine, die pro Wochenende rund ein Dutzend Satz Hinterreifen verheizt. Der Raketen-Ziegel gehört Romano Burkhardt, der dem Driftsport seit sechs Jahren verfallen ist.
Romano Burkhardt kann nichts dafür, dass er mit Benzin im Blut geboren wurde. “Schon bevor ich auf der Welt war, hatte mein Vater mit seinen Brüdern eine kleine Garage, in der sie ihre und die Autos von Bekannten hobbymässig reparierten.” Seine Kindheit verbrachte der heute 25-Jährige oft zwischen Hebebühne, Auswuchtmaschine und Schweissgeräten. Nachdem er zum ersten Mal am Autosalon in Genf war und sein Vater ihn zu Treffen von US-Fahrzeugen mitgenommen hat, war es um den kleinen Romano geschehen. Seine Faszination für Autos ist also familiär geprägt. Für alles, was danach kam, ist Romano selbst verantwortlich.
Von Videos und Videospiele inspiriert
“Die Faszination fürs Driften kam in der Oberstufe durch Videos und Videospiele. Ich dachte mir: Das will ich auch mal machen! Als Teenager lernte ich tolle Leute kennen, die mich zu Trackdays mitnahmen, wo ich als Beifahrer vom Racing-Fieber angesteckt wurde.” An solchen Trackdays lernte er auch den einen oder anderen Drifter kennen. “Dann wollte ich es selbst ausprobieren und war sofort begeistert. Von da an arbeitete ich daraufhin, mir den Traum vom Drifting zu verwirklichen.”
Guter Zustand, gesunde Substanz
Romanos Wunsch ging in Erfüllung in Form eines bordeauxroten Volvo 244, Jahrgang 1982, den er 2018 gekauft hat. Der Schwedenpanzer erfüllte Romanos Anforderungen, die im Grunde aus Heckantrieb und Turbo bestanden. Wer annimmt, beim Volvo 244 handelte es sich um ein abgewracktes Auto, das vor sich hin gammelte, wird enttäuscht. “Eigentlich war der Volvo in einem zu schönen Zustand. Es hätte nicht viel Arbeit gebraucht, um ihn durch die MFK und auf die Strasse zu bringen. Der Volvo war fahrbereit, es mussten lediglich ein Service gemacht, ein paar Kleinteile ersetzt und der defekte Turbolader ausgetauscht werden. Der 244er hatte sehr wenig Rost, kurz: eine sehr gute Basis mit gesunder Substanz.”
Käfig rein, Unnötiges raus
Angefangen hat der Umbau mit einem Motoren-Service und dem Einbau eines Käfigs – als gelernter Lastwagenmechaniker kein Problem für Romano. Damit der Volvo auch schön Donuts drehen kann, sperrte er das Differential mit dem Schweissgerät. “Ist jetzt nicht sehr elegant, aber für Amateure wie mich die günstigste Variante”. Alles Unnötige hat Romano ausgebaut, aber viel Wichtiges auch wieder eingebaut. So wiegt der Volvo 244 heute fast gleich viel wie damals. “Wenn es in den Wettkampfbereich geht, gilt die Devise: Je leichter, desto schneller. Aber ich kann mit dem Gewicht gut umgehen.”
The Rocket Brick
Über die Jahre hat Romano den biederen Volvo 244 in ein 500 PS-Drift-Monster verwandelt. Er sieht nicht nur atemberaubend aus, sondern ist es auch, wenn Romano vom Rauch der Gummis eingenebelt wird. “Der Volvo hatte über die Jahre bereits einige Namen, heute ist es schlicht und einfach ‘‘The Rocket Brick’.” Den Raketen-Ziegel lässt Romano so oft wie möglich über den Asphalt driften. "Gerade war ich in Frankreich an einer Veranstaltung und demnächst an einem Event in Deutschland. Ich bin Amateur-Drifter und habe bis jetzt noch an keinen offiziellen Wettbewerben teilgenommen, höchstens Fun-Competition. Aber mein Ziel ist es, mich für solche Wettbewerbe zu qualifizieren. Leider entspricht The Rocket-Brick noch nicht ganz den FIA-Standards.”
Wie eine grosse Familie Obwohl es im Drift-Sport um Schall und Rauch geht, ist die Szene wie eine grosse Familie. “Jeder hilft jedem. Im Gegensatz zu anderen Rennsportarten ist der Konkurrenzgedanke beim Drift-Sport nicht so ausgeprägt. Zwar sind alle wegen des Fahrens da, aber es geht auch um die Stimmung und die Harmonie untereinander. Ich schätze die Hilfsbereitschaft unter den Fahrer sehr – egal, wer was fährt. Das ist nicht nur bei Amateur-Driftern so, sondern trotz Wettkampf auch bei den Profis.
Ein Dutzend Satz Reifen
Das grösste Verbrauchsmaterial beim Drift-Sport sind die Reifen. Auch Romano Burkhardt verheizt an einem Event-Wochenende ein gutes Dutzend Sätze Hinterräder. “Das ist noch wenig, wenn ich mich mit anderen vergleiche. Es gibt solche, die mit einem Lastwagen voll Reifen kommen. “Bei mir ist es so, dass ich lange mit Altreifen driftete, die ich von Bekannten erhalten habe und daher den Kostenpunkt relativ gering halten konnte. Je nach Leistungssteigerung des Fahrzeuges braucht es andere Reifen und Dimensionen.
Am Anfang bin ich mit Winterreifen gedriftet, mittlerweile brauche ich Semislicks-Sommerpneus, um die 500 PS und 600 Nm auf den Boden zu bringen. Ein Reifensatz hält nur etwa 5 bis 7 Minuten. Je nach Zustand und Wetter, können es auch mehr sein.” Nach den Events entsorgt Romano Burkhardt die Reifen fachgerecht bei Pneu Tardis in Zizers. “Ich werde im Frühling 2025 neue Drift-Reifen testen – für mich eine Premiere. Professionelle Drift-Reifen haben eine spezielle Gummi Mischung, sind härter und halten länger, wovon ich mir einiges verspreche.”
Unterstützer gesucht
Driften ist ein teures und Zeit intensives Hobby. Zu den Reifen kommen neben Ersatzteilen und Werkzeug noch viele weitere Kosten dazu. “Trotz allem ist der Driftsport nach wie vor einer der günstigsten Varianten, um mit dem Motorsport zu beginnen.” Zum Glück wird er unterstützt von der Firma Grischa Kälte AG und MIK Werbetechnik, beides Sponsoren von RB-Drifting. Romano würde sich über weitere Partnerschaften freuen; mit allen, die sich ebenfalls für den immer populärer werdenden Driftsport begeistern lassen.
Text: Jürg Zentner
Bilder: Christian Lienhard (lienhardbildwerke.ch)