Ferrari 250 GTO - der Überhöhte
Warum der Ferrari 250 GTO das teuerste Auto der Welt ist, ist nicht ganz klar. Es gibt seltenere Ferrari, auch erfolgreichere, wahrscheinlich auch schönere. Und trotzdem.
Nein, der Ferrari 250 GTO gewann nie in Le Mans (aber er wurde oft Zweiter). Auch bei den 12 Stunden von Sebring nicht (aber fast) und auch sonst bei keinem der Klassiker - und das ist eigentlich kläglich, wenn man es mit anderen Ferrari-Modellen vergleicht. Ja, Klassensiege gab es reichlich (auch in Le Mans), aber die konnte man sich auch mit einem 750er-Abarth holen.
Geplant war das anders. Giotto Bizzarrini hatte für Ferrari mit dem 250 GT SWB das Gerät entwickelt, mit dem man selber auf die Rennstrecke fahren konnte, dort dann abräumen - und gepflegt wieder nach Hause brettern. Auch bei der Entwicklung des GTO - Gran Turismo Omologato - war Bizzarrini federführend, doch er musste ja dann gehen (oder wollte). Es übernahmen Mauro Forghieri sowie Karosseriebauer Scaglietti.
Die optischen Änderungen betrafen vor allem die Front; hinten wurde der Ferrari 250 GTO länger und breiter. Bizzarrini hatte die Verbesserungen nach Versuchen im Windkanal in Pisa angeregt, durfte sie aber nicht mehr ausführen. Überhaupt sagte Enzo Ferrari ja gerne: «Aerodynamik brauchen jene, die keinen anständigen Motor bauen können». Den Motor hatte man schon, der Colombo-3-Liter-V12 (Tipo 168/62), er kam aus dem 250 Testa Rossa und auf 300 PS.
Der Ferrari 250 GTO ist das Kind von Giotto Bizzarrini
Wichtiger war: die starre Hinterachse wurde nicht mehr an Blattfedern, sondern an parallelen Längslenkern (und einem Watt-Gestänge) geführt. Noch so eine Änderung, die Giotto Bizzarrini eingeführt hatte. Und sie war nötig, der Ferrari 250 GTO ging bis 280 km/h.
35 Stück des GTO wurden insgesamt gebaut (plus ein Prototyp, #2053GT), 29 davon 1962/63 mit dem 3-Liter-Motor (und drei Stück mit dem 4-Liter, die dann eigentlich als 330 GTO bezeichnet werden müssten). 1964 gab es eine zweite Serie mit neuem Design, noch einmal drei Stück (und vier Fahrzeuge der ersten Serie wurden nochmals neu eingekleidet). Alle diese Fahrzeuge existieren noch (mit Ausnahme von #2053GT) - und alle «erstaunlicherweise» als «matching number», also mit dem originalen Motor.
Auch das Fahrzeug, das wir hier zeigen, Chassisnummer #3451GT, hat den originalen Motor. Also, wieder, denn ein paar Jahre lang war die Maschine von #3769GT unter der langen Motorhaube. Damals, 1969, kaufte ein gewisser Jean-Claude Bajol aus Toulouse das Fahrzeug; es heisst, dass er in den nächsten 27 Jahren rund 300’000 Kilometer damit gefahren sei. 1996 kaufte Lawrence Stroll den Wagen, der Motor wurde wieder mit #3769 getauscht, 2012 erhielt der Ferrari 250 GTO auch wieder die Lackierung, mit der er 1962 bei der Targa Florio angetreten war (und mit Ferraro/Scarlatti die Klasse gewinnen konnte).
Gesehen in Villa d’Este
Er stand einfach da, am Strassenrand, an diesem Wochenende in Villa d’Este. An den Comer See gebracht hat den Ferrari 250 GTO Simon Kidston - der mit #86 auch ein schönes Video gedreht hat. Zu dem es nicht viel hinzufügen gibt. Ausser vielleicht unsere anderen «Ferrari des Monats»: Ferrari 410 Superamerica, Ferrari 268 SP, Ferrari 250 GT Cabriolet.
Text/Photos: Peter Ruch.