Ohne Abschreiber Cabrio fahren
Der Frühling steht bald vor der Tür, und damit die Zeit des Offenfahrens. Sind sie besonders gesucht, werden Cabrios tendenziell auch teurer. Doch es gibt auch Ausnahmen. Umschau im Occasionenhandel nach vergnüglichen Cabrios, die nicht jedes Budget sprengen.
Die Young- und Oldtimerszene boomt. Teilweise werden unfassbare Preise bezahlt. Aber nicht alle Marke, Modelle oder Karosserievarianten sind begehrt. Selbst unter den gut erhaltenen Mercedes stehen sich viele Limousinen die Reifen platt. Bei GT/E-, M- oder RS-Modellen muss man dagegen nicht mal den Luftdruck justieren, bevor sie den Hof zum erhofften Preis wieder verlassen. Das gilt auch für einige jenseitig teure Ikonen – und früher oder später auch für Cabrios. Hinter den Offenen verbirgt sich über praktisch alle Marken am ehesten das Potenzial, ein paar Jahre ohne Abschreiber fahren zu können, sofern man es mit der Kilometerleistung nicht übertreibt. Der Honda S2000 (1999–2009) hat beispielsweise seinen Negativzenit längst überschritten. Das gilt teilweise auch für den Toyota MR2 (1984–2005) und für klassische Porsche 911 und 944/968 auf höherem Niveau. Wie sieht es bei unseren ausgewählten Verdächtigen aus?
BMW Einser Cabrio
Occasion: BMW 125i Cabrio MT 2011, 100 000 km, 9800 Franken Auto-i-Dat
Das Cabrio auf der Einser-Basis F20 (2004–2013) ist in diesem Artikel der teuerste – und ein sicherer Wert. Das Occasionenangebot ist riesig. Also dürfte es noch einige Zeit dauern, bis man steigende Werte sieht. Mit Zeit sind Jahre oder Monate gemeint, denn die Bayern haben das konzeptionell identische – aber grössere – Zweier-Modell mit Heckantrieb nachgeschoben. Es gibt noch einige Einser-Occasionen, die – mit Tachostand unter 100 000 Kilometer – unter die in der Schweiz exklusiv geltende 10-Jahre-Gratis-Service-Dienstleistung fallen. So einer wäre eine gute Ausgangslage als Spekulationsobjekt, sofern die Biografie stimmt – Stichwort lückenlose Wartung. Einser Cabrios, die aus dem Serviceprogramm gefallen sind, werden entsprechend tiefer angeschrieben.
Die Modelle 118 bis 135 sind Viersitzer mit Skidurchreiche und klappbaren Rücksitzen. Motorisch ist die Bandbreite gross. Auch Diesel gibt es, die zum Spekulieren wenig taugen. Hoch im Kurs stehen die Reihensechser. Und da würden wir eher zum 125i mit 218 PS als zum 135i mit 306 PS greifen. Oder zum 120i mit 170 PS (Stand 2009), der fährt sich noch handlicher und ist günstiger. Etwa ein Drittel aller F20 Cabrios sind Automaten – je jünger, desto eher. Viele Angebote weisen relativ hohe Kilometerleistungen auf, was kein Nachteil sein muss. Die Motorsteuerketten können zum Problem werden. Anders als die Einser Cabrios sind die zweisitzigen Z3 Roadster (1995–2002) bereits in der Abhebeschlaufe.
Peugeot 306 Cabrio
Occasion: Peugeot 306 Cabrio 2003, 100 000 km, 4000 Franken (Zustand 2) Classic-Data
Das 306 Cabrio war das letzte offene Auto der Franzosen, die eine lange Tradition mit Cabriolets durchzogen und bauten auch das erste Coupé-Cabrio in den 1930er-Jahren. Was auf den offenen 306 mit 1,8-Liter-Motor folgte, waren Zweier- und Dreier-Coupé-Cabrios, bis der heutige Stellantis-Chef Carlos Tavares das Peugeot-Cabrio-Kapitel abschloss. Das könnte die Aussicht des 306 Cabrio steigern. Er könnte zum Klassiker reifen. Es ist ein einigermassen für vier Personen taugliches Auto, aber vor allem ein allgemein akzeptierter schöner Wagen.
Das Occasionenangebot ist klein. Dazu verstauben einige dieser Peugeots in Katakomben oder Scheunen. Die Preise ziehen immer noch nicht an, was schwer zu verstehen ist. Also ist unsere Empfehlung wirklich spekulativ. Die wenigen zur Verfügung stehenden Exemplare sind teilweise in fragwürdigem Zustand und haben teilweise wesentliche mechanische Renovationen hinter sich. Es gilt, neben der Wartungshistorie speziell den Rost an verschiedensten Stellen zu beachten.
Mazda MX-5
Occasion: Mazda MX5 2,0 Exklusive MT 2007, 100 000 km, 5400 Franken Auto-i-Dat
Dank des Mazda MX-5 – alias «Miata» – haben die Japaner das Thema Cabrio Ende der 1980er-Jahre wieder in Schwung gebracht und bis heute kontinuierlich als Zweisitzer fortgeschrieben. Die Kontinuität ist Grund für die Schwierigkeit, das Spekulationspotenzial richtig einzuschätzen. Es existiert ein Angebot über drei Jahrzehnte. Die Preise der ältesten mit den Klappscheinwerfern stabilisieren sich zwar, deuten aber noch kein Wertsteigerungspotenzial an. Mazda hat ein chronisches Rostproblem, was für den Miata bis in die Neuzeit gilt und für das Coupé Cabrio RF (seit 2009) ebenso.
Für den RF wird kein Wertsteigerungspotential prognostiziert. Für den Roadster aber schon, denn er erfüllt bis in die Neuzeit alles, was man von einem älteren Auto erwartet. Heckantrieb, knackige Handschaltung – das Angebot an Automaten ist kaum existent –, mechanische Handbremse, schön auf dem Teller servierter DOHC-Saugmotor, eng, tiefliegend sowie Spass am Fahren, unabhängig von der Motorisierung.
Ford StreetKa
Occasion: Ford StreetKa 1,6 Luxury MT 2004, 100 000 km, Preis: k. A. Auto-i-Dat
Hinter dem von Pininfarina gezeichneten und dort gebauten StreetKa muss man einfach ein gewisses Wertsteigerungspotenzial vermuten – denn: «jö isch dä härzig», und mit seinem Design ziemlich einmalig. Der Verkaufserfolg zwischen 2003 und 2006 blieb hinter den Erwartungen von Ford, weil der zweisitzige Roadster ursprünglich sehr optimistisch gepreist wurde, als die Peugeot 206/207 CC bei den Frauen hoch im Kurs standen.
Der Ford Roadster ist jedoch kein typisches Frauenauto, sondern eigenschaftsmässig ein reaktionärer Fronttriebler, den man am Pass freudig ausfahren kann, ohne gleich in Handschellen abgeführt zu werden. Der 95 PS starke 1,6-Liter-Motor ist kein Ausbund an Temperament, aber zäh. Old School at its best. Knackige Handschaltung, subtile Lenkung, null Digitalisierung. Es existieren Angebote mit 250 bis 30 000 Kilometern, von 999 bis 10 000 Franken. Da lässt sich mutig spekulieren.
Text: Jürg Wick
Fotos: ai-Archiv, Jürg Wick